Frieder Schrof kennt Sebastian Hoeneß als Spieler in der Jugend des VfB Stuttgart und als Trainer bei RB Leipzig. Die ehemalige Ikone im Nachwuchsbereich beschreibt den neuen Coach von 1899 Hoffenheim.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - 28 Jahre lang war Frieder Schrof der Jugend-Lotse beim VfB Stuttgart. Unter seiner Regie brachte der VfB 15 A-Nationalspieler hervor, darunter Kevin Kuranyi, Mario Gomez, Christian Gentner, Timo Hildebrand, Andreas Hinkel, Andreas Beck, Serdar Tasci und Sami Khedira. 15 deutsche Meisterschaften mit den A- und B-Juniorenteams gehen mit auf sein Konto. Dann holte ihn 2013 Ralf Rangnick als Nachwuchschef zu RB Leipzig, wo er vor gut einem Jahr in Rente ging. Im Interview äußert sich der 65-Jährige über Sebastian Hoeneß, den neuen Trainer von Fußball-Bundesligist 1899 Hoffenheim. Seinen Weg hat Schrof maßgeblich begleitet.

 

Herr Schrof, welche Erinnerungen haben Sie an Sebastian Hoeneß?

Sebastian kam in der Zeit, als sein Vater Dieter Manager beim VfB war, vom TSV Grötzingen, wo die Familie wohnte, in die Jugend des VfB. Unvergessen ist für mich der Gewinn der deutschen Meisterschaft mit der U17 im Jahr 1999 unter Trainer Hansi Kleitsch im Finale gegen Borussia Dortmund. Sebastian spielte gemeinsam mit Spielern wie Andreas Hinkel, Michael Fink, Felix Luz und Kevin Kuranyi, der für ihn eingewechselte wurde. Als Dieter Hoeneß nach Berlin weiterzog, wollte ich Sebastian unbedingt beim VfB halten und habe um ihn gekämpft, doch die Mama spielte leider nicht mit (lacht) und er ging mit zu Hertha BSC.

Was war er für ein Spielertyp?

Sebastian war ein begabter Spieler, technisch und bezogen auf die Schnelligkeit nicht ganz so gut wie sein Onkel Uli, aber etwas besser als sein Vater (lacht), doch er hatte nicht diese Wucht von Dieter. Trainer Kleitsch setzte ihn als Mittelstürmer oder hängende Spitze ein. Leider warfen ihn auch immer wieder Verletzungen wie Adduktorenprobleme zurück. Über die Station TSG 1899 Hoffenheim ging es für ihn dann im Aktivenbereich als Spieler wieder zurück nach Berlin.

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War als Jugendspieler schon sein Trainertalent absehbar?

Sebastian brachte eine starke Mentalität mit, er war zielorientiert, ehrgeizig und mannschaftsdienlich. Außerdem hatte er immer ein gutes Verhältnis zu seinen Mannschaftskameraden und Verantwortlichen. Aber ehrlich gesagt, habe ich damals noch nicht an eine Trainerkarriere gedacht. Seinerzeit stand die Laufbahn als Spieler im Vordergrund.

Als Nachwuchschef in Leipzig holten Sie ihn dann aber als Trainer zu RB.

Ja, Ralf Rangnick und ich hatten den Kontakt zu Sebastian nie verloren. Er machte den DFB-Fußball-Lehrer und war während dieser Zeit parallel dazu im Jugend-Scouting-Bereich tätig. Dabei stellte er auch maßgeblich die Mannschaft zusammen, für die er als Trainer im Folgejahr zuständig war. Das war zunächst die RB-U16 und dann die U17.

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Einen Titel holte er aber nicht.

Er spielte mit beiden Teams immer vorne mit, die Konkurrenz in dieser Staffel ist sehr groß. Sebastian hat in Leipzig klasse Arbeit geleistet und die Spieler toll ausgebildet.

Was zeichnet ihn aus?

Sebastian ist ein intelligenter Bursche, er hat sich jederzeit engagiert und detailliert um seine Traineraufgaben gekümmert und war immer sehr gut vorbereitet. Und noch etwas kommt hinzu.

Bitte!

Sebastian ist total akribisch, erfolgsbesessen, ein Perfektionist. Beim FC Bayern II hat er eindrucksvoll bewiesen, dass er im Aktivenbereich erfolgreich arbeiten kann. Dies spricht für seine Qualität. Ich freue mich sehr, dass die TSG 1899 Hoffenheim ihm das Vertrauen schenkt. Die Bundesliga hat zwar eine andere Tragweite, es wird viel auf ihn einprasseln, aber es ist ihm zuzutrauen, dass er sich im höchsten Profibereich durchsetzt. Hilfreich wird sicher sein, dass er in Alexander Rosen auf einen Vorgesetzten trifft, der schon öfter bewiesen hat, dass er junge, talentierte Trainer wie Markus Gisdol und Julian Nagelsmann so zu unterstützen verstand, dass sie in Hoffenheim erfolgreiche Bundesliga-Trainer wurden.

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Und der berühmte Nachname Hoeneß: Ist er mehr Last oder mehr Türöffner?

Der Name Hoeneß hat ihm am Ende nicht geschadet, und er wird mit jetzt 38 Jahren Trainer in der Bundesliga werden. In seiner Jugendspieler-Karriere war sein Name nach eigenem Bekunden nicht immer nur hilfreich, sondern gelegentlich auch eine Bürde.