Klima- und Umweltverbände sprechen von einer Milchmädchenrechnung: Der als Ersatz für die bisherige Auffahr-Spindel zur B 10/B 27 geplante Tunnel werde zu Mehrverkehr und höherem Schadstoffausstoß führen – und zudem deutlich teurer als kalkuliert.

Stuttgart - Mehrere Umwelt- und Verkehrsverbände sowie Klimaschützer üben scharfe Kritik am jüngsten Ratsbeschluss, die zum Abriss vorgesehene Spindelauffahrt zur B 10/ B 27 an der Friedrichswahl in Zuffenhausen durch einen zweiröhrigen, circa 700 Meter langen Tunnel zu ersetzen und dafür die Planungen voranzutreiben.

 

Der Fahrgastverband Pro Bahn, der Verkehrsclub Deutschland (VCD), das Klima- und Umweltbündnis Stuttgart (KUS) sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigen sich „entsetzt“ über die Entscheidung. Sie stehe im krassen Gegensatz zu dem wenige Tage zuvor im Gemeinderat beschlossenen Ziel, Stuttgart 2035 klimaneutral zu machen. Offenbar hätten die Stadträte der „Milchmädchenrechnung“ der Verwaltung geglaubt, dass durch die Verkürzung der Fahrstrecke tatsächlich klimaschädliches Kohlendioxid eingespart werde, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Dabei sei längst bekannt, dass die Verkürzung und Beschleunigung von Fahrten nur zu zusätzlichen und weiteren Wegen führen werde und auch wegen des in einem Tunnel zu bewältigenden Höhendifferenz zusätzlichen Energieverbrauch verursache.

Kritiker: Tunnel wird mehr Autoverkehr anziehen

Die Tunnelplanung widerspreche zudem dem Ziel, den Autoverkehr in der City bis 2030 um 20 Prozent zu senken, es seien vielmehr zusätzliche Verkehrskapazitäten durch den Tunnelbau zu erwarten: Für Autofahrer, die von der Autobahn 81 beziehungsweise der A 8 kommen, sei der neue Bundesstraßenanschluss dann komfortabler und somit attraktiver, so die Unterzeichner des Protests. Eine Reduzierung der Verkehrsmenge ließe sich stattdessen etwa durch eine Pförtnerampel vor dem südlichen Ortseingang von Zuffenhausen oder durch einen Rückbau der Heilbronner Straße zwischen Pragsattel und Friedrichswahl von sechs auf vier Fahrspuren erreichen.

Auch die kalkulierten Kosten in Höhe von 383 Millionen Euro seien unverhältnismäßig: „Für den Klimaschutz werden 200 Millionen Euro bereit gestellt, für die Klimaschädigung durch den Tunnelbau knapp 400 Millionen.“ Zudem bezweifeln die Umweltschützer, dass es bei der Summe bleibt. Unter Verweis auf die Kostenexplosion beim Bau des Rosensteintunnel rechnen sie im angepeilten Eröffnungsjahr des Tunnels 2037 mit Baukosten von knapp einer Milliarde Euro.