Im Rahmen der Innenstadt-Weihnachtsserie waren wir in der Flüchtlingsunterkunft an der Böblinger Straße. Schüler des Evangelischen Mörike-Gymnasiums haben für alle 35 Kinder dort Päckchen geschnürt und gemeinsam vorbeigebracht.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Der Einkaufswagen war randvoll mit Geschenken, alle bunt eingepackt in Weihnachtspapier. Kaum sind die fünf Schülerinnen des Evangelischen Mörike-Gymnasiums damit in den Hof an der Böblinger Straße 18 gefahren, waren sie von 35 Kindern umringt. Die vorweihnachtliche Bescherung fand deshalb bei frühlingshaften Temperaturen am Freitagnachmittag im Eingangsbereich der Flüchtlingsunterkunft statt. Weiter kamen die Schülerinnen nicht. In unzähligen Sprachen schrien die Kinder wild durcheinander, jedes wollte ein Geschenk haben.

 

Zum zweiten Mal haben Schülerinnen und Schüler des Evangelischen Mörike-Gymnasiums eine Aktion gestartet ähnlich wie „Weihnachten im Schuhkarton“. Von der Leitung habe man alle Namen der 35 in der Unterkunft lebenden Kinder bekommen, sagte Erna Schmidt-Oehm, Schülersprecherin an dem benachbarten Gymnasium. In der Schule habe man dann eine Liste mit Namen, Alter und Geschlecht der Kinder ausgehängt, damit es möglichst passende Geschenke gibt. Meist seien es keine großen Sachen. Süßigkeiten, Haargummis, Bastelzeugs oder Schreibsachen sind in den 35 Schuhkartons, welche die Schüler eingepackt und mit Namen versehen haben. „Es ist wenigstens etwas“, sagte die sechzehnjährige Erna Schmidt-Oehm.

Den Mund voll mit Schokolade

Kaum hatten die Kinder ihre Geschenke in der Hand, waren sie damit auch wieder in ihren Zimmern verschwunden. Nur Armin kam noch einmal zurück, den Mund voll mit Schokolade. „Bei mir war ganz viel drin“, sagte er begeistert.

Aus den Balkanländern, aus Syrien oder aus afrikanischen Staaten stammen die meisten der 168 Bewohner in der Unterkunft für Asylbewerber in der Nähe des Marienplatzes. Viele sind muslimischen Glaubens oder gehören anderen Religionen an, weshalb sie kein Weihnachten feiern. „Die Kinder wissen damit nichts so recht anzufangen. Sie kennen das Fest nicht“, sagte die 24-jährige Studentin Judith Brach, die zwei Nachmittage pro Woche ehrenamtlich in der Unterkunft arbeitet, dort mit den Kindern Hausaufgaben macht oder bastelt.

Vorige Woche durften schon fünf Kinder aus der Unterkunft zur Weihnachtsbaselaktion ins Mörike-Gymnasium kommen. Die Schülerinnen haben den Kindern dort erklärt, wie in Deutschland Weihnachten gefeiert wird und was es mit dem Brauch auf sich hat. „Vor allem bei den kleinen Kindern sind wir aber eher auf Unverständnis gestoßen“, sagte Sara Kurzweil. Sie ist ebenfalls Schülersprecherin ist und hatte die Aktion mit organisiert.

Verschiedene Aktionen vor Weihnachten

Als im vergangenen Jahr in die Unterkunft an der Böblinger Straße Flüchtlinge eingezogen sind, habe man sofort die Idee gehabt zu helfen. Zwei ihrer Mitschülerinnen engagieren sich nun wie Judith Brach in der Kinderbetreuung, erzählte Kurzweil. Zusätzlich mache man verschiedene Aktionen vor Weihnachten. „Die Kinder freuen sich natürlich hauptsächlich über die Geschenke“, sagte die 17-Jährige.

Emirhan aus Mazedonien freut sich zwar prinzipiell über Päckchen, jedoch nicht über das, welches er am Freitag bekommen hatte. Der Elfjährige äußerte seinen Unmut lautstark: „Ich habe nur so ein Ball gekriegt.“ Zudem war er überzeugt, dass der Ball auch noch kaputt sei. Es fehle die Luft. „Ich will lieber ein Fahrrad“, sagte Emirhan, der seit neun Monaten mit seiner Familie in der Unterkunft im Süden lebt.

Um wie viel Uhr kommt denn der Weihnachtsmann?

Dass eines von beidem vielleicht der Weihnachtsmann nächste Woche an Heiligabend bringen könnte, glaubte er zunächst nicht. Von einem Mann mit rotem Mantel und weißem Bart, der Geschenke bringt, hat er noch nichts gehört. In seinem Heimatland Mazedonien sei der noch nie vorbeigekommen. „Meine Mutter kauft bei uns Geschenke“, sagte er. Auch an ein Fest erinnert er sich nicht. Seine Schwester Nasar schon. Selbstverständlich feiere man Weihnachten. „Mit einem Baum natürlich und ganz viel Essen und Trinken“, sagte sie und verdrehte die Augen ob dieser Frage. Wie sie dieses Jahr – erstmals fernab der Heimat – feiern, weiß die 13-Jährige nicht. „Das kann ich jetzt echt nicht sagen.“

Ihr kleiner Bruder hat sich inzwischen mit der Idee, dass irgendein Mann Geschenke bringt, angefreundet. „Heute ist Freitag. Wie viele Tage muss ich warten?“ fragte er. Auch will er wissen, zu welcher Uhrzeit dieser Mann denn kommt an Heiligabend. Sicherheitshalber schrieb er seinen Namen, sein Alter und auch seine Zimmernummer auf einen Zettel. Den solle man bitte diesem Weihnachtsmann geben. Damit der weiß, wo er das Fahrrad abgeben soll. „Sonst kannst du es auch einfach bringen“, fügte er noch gnädig hinzu.