Der Rundfunkrat hat den Personalvorschlägen des Intendanten Peter Boudgoust zugestimmt. Das große Stühlerücken beschert dem Sender drei neue Leiter. Der Arte-Programmchef Christoph Hauser wird Fernsehdirektor.

Stuttgart - S o viel Bewegung in der Führungsetage eines ARD-Senders gab es zuletzt beim MDR. Gleich drei Posten der SWR-Geschäftsleitung sind in der Rundfunkratssitzung am Freitag neu besetzt worden. Einzig im Justiziariat des Senders hat sich nichts geändert: Chefjurist bleibt Hermann Eicher. Dafür steigt Jan Büttner, als Leiter der Intendanz engster Vertrauter von Peter Boudgoust, zum Leiter der Verwaltung auf. Aus Sicht der Gebührenzahler aber sind zwei weitere Direktorenposten ungleich interessanter: SWR-3-Programmchef Gerold Hug, Urgestein der Popwelle und einst am Aufbau des „Popshop“ beteiligt, wird neuer Hörfunkdirektor, und Christoph Hauser, derzeit Programmchef von Arte, übernimmt die Fernsehdirektion. Gerade von ihm erhofft man sich innerhalb und außerhalb des SWR eine gewisse Aufbruchstimmung.

 

Unumstritten sind die drei Berufungen allerdings nicht, wenn auch weniger wegen der betroffenen Persönlichkeiten; deren Qualifikation steht außer Frage. Für Irritationen sorgte jedoch gerade die Besetzung der Fernsehdirektion. Der frühere Chefredakteur Bernhard Nellessen, seit 2003 im Amt, ist gerade mal 53 Jahre alt; unter normalen Umständen hätte nichts gegen eine Vertragsverlängerung gesprochen. Offenbar hat es aber unmissverständliche Signale der beiden für den SWR zuständigen Landesregierungen in Stuttgart (Grün-Rot) und Mainz (Rot-Grün) gegeben. Das Verdikt lässt sich in drei Worten zusammenfassen: „Mit dem nicht.“ Boudgoust, heißt es nun, sei eingeknickt, was der Intendant selbstredend dementiert. Vermutlich liegt die Wahrheit in der Mitte.

Im „Ersten“ ist der SWR nicht zuletzt dank seiner regelmäßig herausragenden Mittwochsfilme und den „Tatort“-Krimis aus Stuttgart, Ludwigshafen und Konstanz zwar ausgezeichnet vertreten, aber natürlich weiß man beim SWR, dass das dritte Programm ausbaufähig ist; quantitativ wie auch qualitativ. Inwieweit Nellessen, der auch intern nicht unumstritten war, von sich aus nach zwei Amtszeiten das Handtuch geworfen hat, behalten die Beteiligten für sich. Nach außen wird der in solchen Fällen obligate Anschein einer einvernehmlichen Trennung mit den üblichen Worten der Anerkennung („Er hat hervorragende Arbeit geleistet“) gewahrt.

Große Hoffnungen liegen auf Christoph Hauser

Um so größer sind nun die Hoffnungen, die in Nellessens Nachfolger gesetzt werden. Aus Respekt vor dem Kollegen, der sein Amt ja noch einige Monate lang ausüben wird, hält sich Christoph Hauser bedeckt, was seine Pläne angeht. Die Bilanz seiner sieben Jahre als Programmdirektor von Arte zeigt jedoch, wie begründet die Erwartungen sind: In relativ kurzer Zeit hat der in Radolfzell am Bodensee aufgewachsene gebürtige Hamburger den bis dahin weitgehend unbeachteten Nischenkanal vom Kopf auf die Füße gestellt. Gleiches wird ihm beim SWR kaum gelingen, weil bei einem dritten Programm, das zudem die Mentalitäten zweier Bundesländer bedienen muss, zwangsläufig ganz andere Bedingungen herrschen. Andererseits kennt sich Hauser damit aus, zwischen zwei unterschiedlichen Kulturen zu vermitteln.

Beim SWR genießt der promovierte Historiker ohnehin große Anerkennung. Man schätzt ihn als Kommunikator, der mit seiner ausgleichenden, moderierenden Art Menschen motiviert und mitnimmt. Das konnte er während der Fusion von SWF und SWR unter Beweis stellen. Damals musste Hauser als Leiter der neuen gemeinsamen Hauptabteilung Kultur die beiden Kulturredaktionen am Standort Baden-Baden zusammenzuführen.

2005 erwachte Arte aus dem Dornröschenschlaf

Wenn Hauser über seine Arbeit bei Arte spricht, wird deutlich, warum ihn SWR-Kollegen als „Teamplayer“ loben. Dass sich der Sender in den letzten Jahren deutlich verändert habe, „war keine Einzelleistung von mir, sondern eine Gemeinschaftsleistung.“ Aber er war es, der Arte 2005 aus dem Dornröschenschlaf geweckt hat: Innerhalb weniger Monate musste er ein 24-stündiges Programm auf die Beine stellen, also „unter enormem Druck ein völlig neues Tagesprogramm gestalten und in kürzester Zeit Strukturen und Programmlinien erschaffen.“ Schon damals hat Hauser demnach eine Eigenschaft bewiesen, die ihm beim SWR noch gute Dienste leisten kann: auf Druck von außen kreativ und innovativ reagieren. Und weil klar war, dass es ein singulärer Sender in der digitalen Welt schwer haben würde, musste Arte auch im Internet breiter aufgestellt werden: „Das war der Impetus für den Ausbau des Internetauftritts, wo wir lauter kleine Plattformen entwickelt haben.“

Die deutlichsten Spuren hat Hauser im dokumentarischen Bereich hinterlassen. Heute hat der Kulturkanal über zwanzig Sendeplätze dieser Art. Natürlich weiß er, dass man bei Arte inhaltlich alle Freiheiten hat und bei der Programmierung keine Rücksicht auf feste Nachrichtentermine nehmen muss. Insofern sei die Rückkehr zum Heimatsender eine besondere Herausforderung: „Das wird sicher spannend.“ Er verspricht aber, seine Grundüberzeugungen nicht über Bord zu werfen: „Qualität geht vor Quantität; die Quote ist nicht das Ziel, sondern das Ergebnis.“

– Die Orchester-Fusion rückt näher