Nach dem 0:0 gegen Polen hat die deutsche Nationalmannschaft weiter beste Chancen ins Achtelfinale einzuziehen. Um bis ins Finale vorzudringen, bedarf es aber einer gewaltigen Leistungssteigerung und mehr Durchschlagskraft im Angriff.

Paris -

 

Spielidee: Joachim Löw brachte in der Abwehr Mats Hummels anstelle von Shkodran Mustafi und beließ es ansonsten bei jener Mannschaft, die zum Auftakt die Ukraine mit 2:0 geschlagen hatte. Unverändert blieb die taktische Marschroute, die vorsah, den sehr defensiven Gegner mit seinen groß gewachsenen Innenverteidigern nicht mit hohen Flanken, sondern mit schnellem, flachem Kurzpassspiel auseinanderzunehmen. Wieder bekam daher Mario Götze den Vorzug gegenüber Mario Gomez. Doch ging dieser Plan noch weniger auf als zum Auftakt.

Spielentscheidend: Die zentralen Offensivleute Mario Götze und Mesut Özil, WM-Held der eine, internationaler Topstar der andere, mögen begnadete Kicker sein – doch fehlte ihnen jegliches Durchsetzungsvermögen. Ein ums andere Mal prallten sie an der polnischen Defensive ab. Erst spät kam Gomez ins Spiel, der zumindest körperlich hätte dagegen halten können. Weil zudem die Außenpositionen zu schwach besetzt sind und Thomas Müller meilenweit von seiner üblichen Turnierform entfernt ist, lief im Offensivspiel fast gar nichts zusammen. Schon gegen die Ukraine erspielte sich die DFB-Auswahl kaum Torchancen – gegen Polen waren es noch weniger.

Spielentscheider: Bezeichnend, dass ein Verteidiger der beste deutsche Spieler war. Spektakulär hatte Jerome Boateng im ersten Spiel auf der Linie gerettet – und war gegen Polen schon wieder als Retter in der Not gefordert. Heldenhaft seine Grätsche gegen seinen Bayern-Teamkollegen Robert Lewandowski, mit der er in der zweiten Hälfte das 0:1 verhinderte. Eher schwer vorstellbar, dass Deutschen an diesem Abend nach einem Rückstand noch einmal zurückgekommen wären. Großes Glück also, dass zudem Lewandowskis Sturmpartner Arkadiusz Milik kurz nach der Pause mit einem Kopfball die größte Chance des Spiels vergab.

Wortspiel: „Wir können froh sein, dass wir 0:0 gespielt haben“, sagte Jerome Boateng nach dem Schlusspfiff und sah sichtbar angefressen aus. Schon während des Spiels hatte er sich mehrmals seine Vorderleute zur Brust genommen, die regelmäßig ihre Zweikämpfe verloren. Mit einem derart harmlosen Angriff, das ahnt der Verteidiger, dürfte die deutsche Mannschaft bei diesem Turnier nicht weit kommen. Da kann sich Boateng noch so oft als Retter in der Abwehr betätigen.

Spielplan: Auch weiterhin hat es die deutsche Mannschaft selbst in der Hand, als Gruppensieger ins Achtelfinale einzuziehen. Dafür muss sie am Dienstag (18 Uhr) in Lille gegen Nordirland gewinnen, während Polen im Parallelspiel gegen die Ukraine nicht höher siegen darf als die DFB-Auswahl. Bereits ein Unentschieden reicht dem Weltmeister zum Gruppensieg, wenn auch die Polen nicht gewinnen. Im Falle einer Niederlage bliebe wohl nur Tabellenplatz drei, der zwar mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls zum Weiterkommen berechtigen würde – allerdings droht dann bereits in der Runde der letzten 16 ein ganz dicker Brocken.