Vor ausverkauftem Haus haben sich Fury In The Slaughterhouse auf der Freilichtbühne Killesberg an vergangene Glanzzeiten erinnert – und dabei überraschend wenig nach Vorgestern geklungen.

Was kann man erwarten von einer Band, die ihre Karriere eigentlich schon 2008 für beendet erklärte und nach ihrem 2017 gestarteten Comeback zuletzt auch noch zwei Jahre durch die Coronapandemie ausgebremst wurde? Eine randvolle Fünftausender-Location jedenfalls nicht unbedingt. Aber surprise, surprise: Fast ausverkauft ist das Killesberg-Rondell am Freitagabend, als gut 4500 Fans Fury In The Slaughterhouse in Stuttgart wiederbegrüßen.

 

Mit dieser Zuschauerzahl hätte Hannovers phasenweise zweitbekannteste Band auch für eine gut gefüllte Porsche-Arena gesorgt, doch noch schöner ist dieser Auftritt natürlich in der grünen Oase der Freilichtbühne – umso mehr, als dass sich auch Petrus als ein Fan der Gebrüder Wingenfelder & Co. outet. Ein paar zaghafte Regentropfen fallen trotz reichlich dunkler Wolken erst pünktlich zum Ende des Abends.

Der Killesberg feiert bei Bandklassikern

In den zwei Stunden zuvor zeigen die Hannoveraner, was man als ältere, im Spätsommer des Lebens angekommene Semester mit einem zweiten Karrierefrühling idealerweise anstellen kann: Man feiert dankbar das Erlebte und macht die Wiederbegegnung mit Großtaten aus den späten 80er- und frühen 90er-Jahren nach dem Motto „60 ist das neue 40“ zu einer alterslos-vitalen Party fernab jedweder Wehmut. Und der Killesberg feiert bei Bandklassikern wie dem epischen „Radio Orchid“ sowie bei „Every Generation got its own Disease“ mit schön rollendem Beat begeistert mit; „Time to wonder“ und „Won’t forget these Days“ avancieren mit großem Publikumschor gar zu kleinen Gänsehautmomenten.

Drum herum reiht sich Neueres wie „Letter to myself“ oder „1995“ vom 2021 erschienenen Comebackalbum „NOW“ allemal solide, wenn auch etwas überraschungsarm ins Repertoire ein. Dass es die Furys – beispielsweise in „All about us“ – manchmal übertreiben mit hörbar auf Gefälligkeit gebürsteten Kompositionen, fällt nur marginal ins Gewicht, weil das Septett andererseits immer mal wieder unerwartete Akzente setzt.

Anekdoten aus drei Karrierejahrzehnten

Da bekommt die Ballade „Trapped today, trapped tomorrow“ im Finish ein sattes Gitarrencrescendo verpasst, ein Reggae wie „NOW“ strandet nicht in seichtem Fahrwasser, sondern wird von Takt zu Takt mit rockigem Drive aufgeladen, und „Replay“ funktioniert prima als zweieinhalb Minuten kurzer Adrenalinkick. Man hat jedenfalls schon Bands gehört, die in einem ähnlichen Karrierestadium weit vorgestriger geklungen haben als Fury In The Slaughterhouse.

Diesen Strauß an alten und neuen Songs garniert Kai Wingenfelder ausgesprochen gesprächig mit allerlei Anekdoten aus drei Karrierejahrzehnten. Er erinnert an einen dieser Tage absolvierten Kurztrip nach Mallorca inklusive eines Akustikkonzertes in Uwe Ochsenknechts dortiger Strandbar oder an eine über ein Vierteljahrhundert entfernte USA-Tournee an der Seite des damaligen Topstars Meat Loaf, die von heute aus betrachtet wie aus einem anderen Leben wirkt. Und er lässt keine Zweifel daran, dass die Furys das aktuelle Kapitel ihrer Erfolgsstory mindestens so sehr genießen wie die vorherigen.