Bundesfinanzminister Scholz hat sich offenkundig verrannt. Die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank bringt zu wenig, um die dadurch entstehenden Nachteile in Kauf zu nehmen. Er sollte die Pläne stoppen, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Es kann sein, dass sich Finanzminister Olaf Scholz an der Stelle einfach verschätzt hat. Oder er hat sich schlecht beraten lassen von seinem Staatssekretär Jörg Kukies, dem früheren Deutschlandchef der US-Investmentbank Goldman Sachs, der in diesem Spiel möglicherweise noch ganz eigene Interessen vertritt. Einen „nationalen Champion“ erhofft sich Scholz vom Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank. Wie – sozusagen – aus zwei Teams, die mit Blick Richtung Abstiegszone im Mittelfeld der Liga herumdümpeln, ein Meisterschaftsanwärter entstehen soll, mag nicht nur sportlich Interessierten ein Rätsel sein.

 

Dämpfer im Europawahlkampf

Speziell für die SPD könnte sich die Haltung ihres Parteivizes noch als ein habhaftes Problem erweisen, weil der drohende Verlust von mehr als 20 000 Arbeitsplätzen die Endphase des Europawahlkampfs empfindlich beeinträchtigen würde. Die Gewerkschaften werden auf die Genossen in so einer Situation keine Rücksicht nehmen – da haben die Belange der Beschäftigten eindeutig Vorrang. Sollte sich die Führung der Deutschen Bank offiziell für ein Zusammengehen aussprechen, wird auf die ersten zaghaften Proteste der Belegschaften ein Sturm der Entrüstung folgen. Bankangestellte sind angesichts des steten Niedergangs der Branche überaus leidensfähig, doch einen Kahlschlag würden sie nicht mehr ohne Weiteres hinnehmen.

Weltweit hätte die vereinte Bank zwischen 140 000 und 150 000 Stellen, müsste aber auf ungefähr 100 000 reduzieren, wenn sich die Fusion rechnen soll. Die Vorteile wiederum wären nicht so groß, um den Kunden diesen Einschnitt schmackhaft zu machen. Ein großer Imageschaden könnten somit noch oben drauf kommen.

Die CDU geht auf Distanz

Will Scholz dies alles auf sich nehmen? Auf den Koalitionspartner darf er nicht zählen, denn die CDU geht auf Distanz. Von Wirtschaftsminister Altmaier ist in der Sache nichts mehr zu hören – womöglich weil ihn das Kanzleramt zur Zurückhaltung ermahnt hat. Dies mag wahltaktische Gründe haben. Oder aber die Einsicht wächst, dass eine solche Operation wenig bringt außer Ärger. Es ist daher für den Finanzminister höchste Zeit, die Notbremse zu ziehen und die Fusionspläne zu stoppen.