Lorenzo Santelli, 77, steht seit acht Jahren bei den Heimspielen der Fellbacher Fußballer hinter dem Grill. In Coronazeiten fällt das aus.

Fellbach - Vielleicht war es eine Handvoll Heimspiele der Vorzeige-Fußballer des SV Fellbach, bei denen Lorenzo Santelli seit 2013 nicht im Max-Graser-Stadion war. Mehr waren es bis zum Beginn der verflixten Coronakrise, die den Amateurfußball seither weitgehend lahmgelegt hat, bestimmt nicht. Bei allen anderen Partien stand der gebürtige Italiener sehr verlässlich auf seinem Posten – allerdings ohne dabei jemals viel von einer Begegnung gesehen zu haben. Denn sein angestammter Platz ist jener hinter dem Gas- und Elektrogrill ganz oben auf der Tribüne. Immerhin: „Wenn die Leute schreien, weiß ich, dass ein Tor gefallen ist“, sagt der inzwischen 77-Jährige.

 

Auf dem Grill gibt es ein ausgeklügeltes System

An seinen Grill lässt Lorenzo Santelli so schnell keinen. Schließlich gibt es auf dem Rost ein ausgeklügeltes System. „Ich weiß genau, wie lange welche Wurst noch braucht, bis sie fertig ist“, sagt der wegen Corona seit Monaten zum Nichtstun verdammte Grillmeister („Ich vermisse es“). Es sei nicht damit getan, die Würste einfach nur auf den Rost zu legen, man müsse die Rote, die Brat- und die Rindswürste schon auch richtig grillen können. Dass es beim SVF die besten Stadionwürste geben soll, hat Lorenzo Santelli schon des Öfteren gehört – und glaubt es auch. Denn: „Manche essen zwei oder auch drei.“

Reklamationen hat der gelernte Buchbinder, der 1962 aus Kalabrien nach Deutschland kam, noch keine bekommen. Auch sei ihm noch nie eine Wurst verbrannt. Auch nicht die, die sich Tim-Florian Nagel von den Senioren-Fußballern des SVF schmecken lässt. „Der will sie absichtlich immer ganz schwarz haben“, sagt Gerda Santelli, 73, die ihren Mann seit 2015 unterstützt und für die extra scharfe Curry-Soße zuständig ist. Das Rezept sei aber geheim. Sonst würde sie jeder nachmachen und keine Currywurst mehr im Stadion essen. Nur so viel sei verraten: Die Peperoni stammen aus dem eigenen Garten oder direkt aus Kalabrien.

Der Spieltag beginnt immer zwei Stunden vor dem Anpfiff

Ein Spieltag beginnt für das Ehepaar Santelli normalerweise immer schon zwei Stunden vor dem Anpfiff. Schließlich muss alles hergerichtet, die Würste müssen ein- und die Brötchen aufgeschnitten werden. Je nach Gegner können schon mal bis zu 300 Würste verkauft werden. Stressig werde es immer kurz vor der Pause. „Da muss ich 30 bis 50 auf dem Grill haben. Da ist der Ansturm groß“, sagt Lorenzo Santelli, der früher schon bei Jugendturnieren Herr über sämtliche Grillwürste war. Mit seiner Frau, mit der er im Dezember goldene Hochzeit gefeiert hat, ist er ein eingespieltes Team, zu dem auch Ralf Hahn und Werner Pfander gehören. Beide sind für die Getränke zuständig. Wenn nach dem Spiel noch eine Wurst übrig ist, dann lässt sie sich Lorenzo Santelli schmecken – mit einer Weinschorle. „Solange ich grille, ist Alkohol tabu“, sagt er. Hernach wird der Grill noch geputzt und eine Bestandsaufnahme gemacht, damit der stellvertretende Abteilungsleiter Jochen Pflüger weiß, wie viel Nachschub er für das nächste Heimspiel besorgen muss.

Wie die Würste in anderen Stadien schmecken, weiß Lorenzo Santelli im Übrigen nicht. Er geht zu keinem Auswärtsspiel mit. Nur beim Stadtderby in Oeffingen war er in der Vergangenheit dabei. Aber auch da habe er keine Rote gegessen. „Ich habe aber gehört, dass die auch ganz gut sein soll“, sagt er und grinst.