In Württemberg werden 16 Fußball-Bezirke auf zwölf verringert, deshalb gibt es nächste Saison auf Bezirksebene keine Aufstiegsrelegation – dabei ändert sich im Bezirk Enz-Murr eigentlich nichts. Viele Trainer bedauern dies.

Pokalspiele und Relegation, das sind sogenannte „Do or die“-Begegnungen, es geht um Siegen oder Fliegen, um alles oder nichts – und diese Partien, in denen es um Auf- oder Abstieg geht, erfreuen sich großer Beliebtheit bei Fans und Beteiligten. In der Saison 2023/24 wird es diesen Nervenkitzel im Bezirk Enz/Murr nicht geben.

 

Aus 16 Ligen werden 12

Das hängt mit der Reform der Bezirksligen zusammen, deren Anzahl in den kommenden Jahren wegen des Rückzugs zahlreicher Mannschaften von 16 auf zwölf reduziert wird. Weil einige Bezirke zusammengelegt werden und die Ligen mittelfristig auf eine Sollstärke von 16 Vereinen kommen sollen, gibt es in einigen Bezirksligen mehr Absteiger als üblich. Zudem wird der Aufstieg erschwert, nur die Meister der Kreisliga A sind qualifiziert. Relegationsspiele sind etwa in den betroffenen Bezirken Stuttgart und Böblingen/Calw aber auch in den Bezirken Rems-Murr, Hohenlohe oder Unterland nicht vorgesehen.

Fünf Bezirke sind von keiner Änderung betroffen, darunter der Bezirk Enz/Murr. Dennoch wurde im Verbandsspielausschuss des Württembergischen Fußball-Verbandes (WFV) mehrheitlich beschlossen, aus Solidaritätsgründen in allen Bezirken auf die Relegation im Jahr 2024 zu verzichten. Dagegen ausgesprochen hat sich explizit der Bezirk Enz/Murr, für den der langjährige Vorsitzende Ingo Ernst erklärt hat, dass man die demokratisch getroffene Mehrheitsentscheidung respektieren werde. Auch die Vereine im Altkreis Leonberg bedauern diese Entscheidung mehrheitlich, wie eine Umfrage zeigt.

Verständnis und Bedauern

Trainer Björn Wenninger (SV Gebersheim) kann die vorübergehende Aussetzung im Zuge der Reform nachvollziehen, bedauert den Wegfall aber gleichwohl. „Das waren immer schöne Events“, sagt er. Die neue Form, dass Bezirksligisten erst gegeneinander spielen müssten, bevor einer auf den betroffenen Landesligisten treffe, habe die Spannung nochmals erhöht.

Profitieren von der Relegation würden nicht nur die beteiligten Mannschaften, sondern auch die ausrichtenden Vereine, da die Relegationsspiele auf neutralen Plätzen stattfinden. „Wir waren in den vergangenen Jahren zweimal Ausrichter, der Zuschauerzuspruch war enorm“, weiß er noch allzu gut.

Auf persönliche Erfahrungen mit der Relegation kann Coach Ahmet Yenisen (TSV Münchingen) zurückgreifen. „Relegationsspiele haben es immer in sich, das sind Riesen-Highlights“, erzählt er begeistert. Er selbst hat es mit TKSZ Ludwigsburg erlebt. „Wenn du dich in so einem Spiel durchsetzen kannst, vergisst du es dein Leben lang nicht“, betont er. Er hofft, dass die Relegationsspiele ab der Saison 2024/25 wieder stattfinden. Davon ist auszugehen.

Furcht vor Langeweile in der Liga

Als „nicht gut“ bezeichnet Trainer Chris Seeber (Spvgg Warmbronn) die Entscheidung des Verbandsspielausschusses. „Die Relegation hat oft dazu geführt, dass es für viele Mannschaften noch um etwas ging. Wenn der Tabellenerste weit vorne liegt, konnte man zumindest noch auf Rang zwei schielen“, erläutert er. Er befürchtet, dass schon einige Drittplatzierte in der kommenden Saison die Runde abhaken, wenn der Rückstand auf Rang eins zu groß ist.

Ähnlich argumentiert Erkan Kilic (TSV Heimsheim). „Ich finde die Entscheidung sehr schade“, meint der Coach. Relegationsspiele hätten sich in den vergangenen Jahren etabliert. Wenn sich eine Mannschaft an der Tabellenspitze früh absetze, sei schon für die Teams auf den Rängen zwei bis sechs schnell die Spannung raus.

Schäffer stand dreimal in der Relegation

Fast schon ein Relegations-Experte und Fan des Konstrukts ist Chefcoach Benjamin Schäffer (SV Leonberg/Eltingen). Dreimal hat er die „Do or die“-Spiele mitgemacht: Vergangene Saison stieg er in der Relegation mit dem SV gegen Aramäer Heilbronn (0:1) ab, 2017 verpasste er mit dem TSV Flacht II knapp den Sprung in die Kreisliga A gegen Enosis Leonberg (3:4). Ein Jahr später schaffte er mit dem TSV Eltingen durch ein 4:3 im Elfmeterschießen den Verbleib in der Bezirksliga. „Auf das Spiel haben wir uns einen ganzen Tag vorbereitet, so was bleibt in Erinnerung“, sagt Schäffer, der Relegationsspiele „eher als Chance denn als Last“ ansieht.

Pragmatisch gibt sich dabei Trainer Erkan Karaca (SV Perouse) in der Relegationsfrage. „Solange wir nicht selbst betroffen sind, ist mir das recht egal“, sagt er.