Der 2:0-Sieg der DFB-Elf gegen den Außenseiter aus der Ukraine hängt lange Zeit am seidenen Faden. Doch der Turnierstart gelingt – Boateng und ein Rückkehrer sind daran nicht ganz unbeteiligt.

Lille - Als die erste Etappe der Tour durch Frankreich geschafft ist, bläst Joachim Löw kurz die Backen auf. Durchatmen, bedeutet das, weil der Bundestrainer damit vermutlich ausdrücken will, dass gerade ein hartes Stück Arbeit hinter ihm und seinen Spielern liegt. Aber am Ende stimmt das Ergebnis. Die deutsche Nationalmannschaft startet mit einem 2:0 gegen die Ukraine in die Europameisterschaft. Das Fazit lautet: Hauptsache gewonnen. Oder um mit Manuel Neuer zu sprechen: „Wir werden uns im Verlauf des Turniers noch steigern müssen.“

 

Für Löw ist es der dritte Sieg in seiner dritten EM-Auftaktpartie nach 2008 (gegen Polen) und 2012 (gegen Portugal), doch fest steht, dass es noch ein langer Weg wird, wenn er mit dem Team das große Ziel erreichen will – das Finale am 10. Juli und den Titel. „Wir mussten heute ein paar heikle Situationen überstehen“, sagte Löw.

Die zweite Etappe führt am Donnerstag nach Paris, wo die DFB-Auswahl auf Polen trifft. Leichter als gegen die Ukraine wird es dann sicher nicht. Das weiß Löw, der am Sonntag die Kapitänsbinde an den Torwart Neuer vergeben hat. Der eigentliche Spielführer Bastian Schweinsteiger ist noch nicht ganz fit und saß zunächst draußen.

Mustafi verwertet einen Freistoß von Kroos

Die deutsche Mannschaft trat couragierter auf als einige Mitfavoriten im bisherigen Turnierverlauf, beispielsweise als Frankreich. Insgesamt entwickelte sich ohnehin eine Partie, die lange nicht so extrem von der Taktik geprägt war wie fast alle anderen Duelle in dieser frühen EM-Phase. So gab es in den ersten fünf Minuten zwei Chancen, auf jeder Seite eine. Zunächst verzog Julian Draxler, ehe der Gegenangriff dazu führte, dass Neuer sein Können aufbieten musste, um einen Rückstand zu verhindern. Er parierte gegen Jewgeni Konoplyanka.

Vornehmlich über die Außenpositionen wurden die deutschen Aktionen vorgetragen, speziell über links und über Draxler, der auch die Gelegenheit von Jonas Hector einleitete (12.). Die Führung fiel dann aber über rechts. Einen Freistoß von Toni Kroos verwertete Shkodran Mustafi per Kopf – das erste Länderspieltor des Verteidigers.

Alles schien gut, aber dann folgte ein Bruch. Denn die Ukrainer beschränkten sich keinesfalls auf die Defensive, sondern sorgten mit schnellen Vorstößen zunehmend für Gefahr – und dafür, dass sich Neuer auszeichnen konnte. Seine zweite Weltklasseparade nach der Aktion gegen Konoplyanka zeigte er bei dem Kopfball von Jewgeni Chatscheridi, den er gerade noch über die Latte lenken konnte (27.). Und als Neuer schon geschlagen war, rettete Jérome Boateng artistisch auf der Linie (37.). Der Abwehrspieler lag im Tor, aber der Ball nicht.

Die Ukraine wirbelt, Deutschland läuft hinterher

Zwischendurch vergab Sami Khedira das 2:0 (30.). Das wäre zu diesem Zeitpunkt allerdings auch nicht verdient gewesen, weil die Abstimmungsprobleme in der Defensive kaum zu übersehen waren. So war das Geschehen auf dem Platz zwar attraktiv für die Fans, aber unbefriedigend für Löw, der von der Bank aus verfolgen musste, wie sich ständig Räume für die Angriffe der Ukrainer auftaten. „Wir waren fahrig“, sagte der Trainer.

Das hatte sich Löw anders vorgestellt – nicht so, dass die Bälle schon im Mittelfeld viel zu schnell verloren werden, wodurch die Mannschaft unter Druck geriet. Die Ukraine wirbelte – Deutschland lief hinterher, wankte und zitterte.

Nach der Pause schwinden die Kräfte bei den Ukrainern

Das hat Löw in der Pause angesprochen – jedenfalls wirkte das Team danach wieder etwas konzentrierter und gefestigter. Der Zugriff auf den Gegner und die Kontrolle über die Partie kehrten zurück. Draxler (48., 68.) Kroos (51.) und Khedira (59.) scheiterten. Souverän wirkte der Auftritt jedoch weiter nicht, auch weil der Regisseur Mesut Özil kaum Impulse setzte.

Den Ukrainern schwanden nach dem Tempofußball in der ersten Hälfte die Kräfte, aber dem deutschen Spiel fehlte die Entschlossenheit, um die Kombinationen auch zum Abschluss zu bringen – bis der eingewechselte Schweinsteiger in der Nachspielzeit zur Stelle war – 2:0. „Unglaublich, dass es so was gibt“, sagte der zuletzt wochenlang verletzte Schweinsteiger. Und danach konnte auch Löw endlich durchatmen.

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