Sechsmal stand Deutschland bislang im Finale einer Europameisterschaft, 1972, 1980 und 1996 holte das DFB-Team den Titel. Die EM-Historie ist aber auch von einigen Tiefpunkten geprägt.

Stuttgart - Von der Öffentlichkeit als Versager abgestempelt, von „Kaiser“ Franz Beckenbauer als „Rumpelfüßler“ verspottet: Das blamable Vorrunden-Aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft unter Teamchef Erich Ribbeck bei der EURO 2000 in den Niederlanden und Belgien gilt immer noch als einer der Tiefpunkte in der DFB-Historie. Für Ribbeck war es der Anfang vom Ende.

 

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Doch das Scheitern hatte auch eine gute Seite: Im deutschen Fußball, der sich jahrzehntelang als das Maß der Dinge gesehen hatte, fand ein Umdenken in der Ausbildung der Spieler statt. Der DFB stellte (fast) alles auf den Prüfstand und auf den Kopf. Es wurden so auch die Grundlagen für den WM-Triumph 2014 in Brasilien gelegt. Zwar wiederholte sich der worst case noch einmal bei der EM-2004 in Portugal unter Teamchef Rudi Völler, der danach hinwarf. Ansonsten erreichte die deutsche Elf bei den Turnieren seit 2000 aber immer mindestens das Halbfinale - mit dem Höhepunkt von Rio.

Deutschland hat sich nach den peinlichen EM-Ausrutschern längst wieder seinen legendären Ruf als Turniermannschaft zurückerobert. Vier WM-Titel und drei Triumphe bei Europameisterschaften stehen insgesamt in der stolzen Bilanz, dazu kamen noch insgesamt sieben Endspiel-Teilnahmen. Der letzte Erfolg bei einer EURO unter Ex-Bundestrainer Berti Vogts liegt aber nun schon 20 Jahre zurück.

1972 begann die Erfolgsstory

Umso ehrgeiziger ist das Team von Chefcoach Joachim Löw, in Frankreich die lange Durststrecke zu beenden. Die Erfolgsstory Deutschlands bei Europameisterschaften begann 1972, als die DFB-Elf durch ein 3:0 gegen die damalige Sowjetunion in Brüssel den zweiten großen Titel nach dem legendären WM-Sieg 1954 gewann. Noch heute gilt die 72er Mannschaft mit Beckenbauer, Günter Netzer und Gerd Müller an der Spitze als die bislang spielstärkste deutsche Mannschaft aller Zeiten.

Vor allem das legendäre 3:1 im Viertelfinale gegen England - der erste Sieg einer deutschen Nationalmannschaft im Mutterland des Fußballs - hinterließ großen Eindruck. Überragender Mann auf dem Platz im Wembleystadion war damals Netzer in der Rolle des Regisseurs. Der deutsche „Ramba-Zamba-Fußball“ war in aller Munde. Die L’Équipe schrieb von „Traumfußball aus dem Jahr 2000“. Das sei „die beste Mannschaft, die wir je hatten“, sagte der damalige Bundestrainer Helmut Schön, der zwei Jahre später mit dem Großteil des EM-Teams auch Weltmeister wurde.

1976 erlebte der erfolgsverwöhnte deutsche Fußball-Fan aber einen bitteren Dämpfer. Spötter behaupten, dass der Ball, den Uli Hoeneß beim Elfmeterschießen im Finale gegen die damalige Tschechoslowakei in den Belgrader Nachthimmel schoss, noch heute gesucht wird.

1980 folgt der zweite Titel

Immerhin gelang vier Jahre später ohne Hoeneß unter Trainer Jupp Derwall und Kapitän Bernard Dietz die Wiedergutmachung. Der heutige U21-Trainer Horst Hrubesch war beim 2:1-Finalsieg von Rom gegen Belgien mit einem Doppelpack der gefeierte Held. Zudem gingen in Italien die Sterne von Bernd Schuster und Lothar Matthäus auf, der 1990 als DFB-Kapitän mit dem WM-Gewinn an gleicher Stelle den Höhepunkt seiner Karriere erlebte.

Bei den folgenden EM-Endrunden musste die deutsche Mannschaft aber einige enttäuschende Ergebnisse verkraften: 1984 in Frankreich gab es das blamable Gruppen-Aus des Titelverteidigers. 1988 im eigenen Land brannte sich die bittere Halbfinal-Niederlage gegen Erzrivale Niederlande (1:2) ins Gedächtnis. Dass sich Ronald Koeman nach der brisanten Partie auch noch mit dem Trikot von Olaf Thon den Allerwertesten abwischte, brachte damals die Volksseele zusätzlich zum Kochen.

1996 macht Bierhoff den Titel klar

1992 scheiterte der amtierende Weltmeister schließlich im Finale völlig überraschend an den „Freizeitkickern“ aus Dänemark (0:2), die direkt aus dem Urlaub anstelle der suspendierten Jugoslawen das Turnier spielen durften. So schlug 1996 in England die große Stunde von Oliver Bierhoff.

Der heutige Teammanager schrieb mit seinem Golden Goal in der 95. Minute im Finale gegen Tschechien Fußball-Geschichte. Bierhoff wurde in Sekunden vom genervten Reservisten zur Ikone der EM. „Dem Treffer folgte ein dreiminütiger Blackout“, sagte er später über den Moment, als er sich ekstatisch das Trikot vom Körper riss. Vier Jahre später war jener Bierhoff jedoch auch einer der verspotteten „Rumpelfüßler“.

Als Manager lenkt der 48-Jährige nun seit 2004 die Geschicke der Nationalmannschaft - und das mit Erfolg. Nach der Final-Niederlage bei der EM 2008 (0:1 gegen Spanien) und dem Halbfinal-Aus 2012 gegen Italien wartet aber nicht nur Bierhoff bei Europameisterschaften auf den ersten Triumph seit 20 Jahren.