Erstmals hat eine Frau eine TV-Übertragung der Fußball-Bundesliga kommentiert. Christina Graf vom Sender Sky machte ihre Sache gut und läutet eine kleine Revolution im Fernsehen ein – und in dem Rainer-Brüderle-Gedächtnissport namens Fußball.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - Christina Graf hatte sich perfekt auf diesen Tag vorbereitet. Sie hat Fachmagazine gewälzt, Statistiken auswendig gelernt, sie hat sich sogar Autogrammkarten der Spieler von Jahn Regensburg und Hertha BSC schicken lassen, um sich die Gesichter einzuprägen. Am Sonntag war es dann so weit: Zweite Fußball-Bundesliga, Regensburg gegen Berlin. Mit ihr als Kommentatorin, einer Frau!

 

Na und, könnte man einwenden. Wir leben doch schließlich im 21. Jahrhundert? Nix „Na und?“! Die Bundesliga hat 50 Jahre auf diesen Tag warten müssen: Christina Graf, 27, schreibt TV-Geschichte, oder, wenn man es etwas nüchterner will, sie hat auf Sky als erste Frau ein Fußballspiel der Männer live im Fernsehen kommentiert.

Von wegen „Schalke 05“

Die Radiomoderatorin hatte sich in einem Casting gegen 1200 Mitbewerberinnen durchgesetzt und wird zunächst bis zum Sommer Spiele kommentieren. Eine Bastion ist gefallen. Frauen waren im All. Frauen können Kanzlerin werden und jetzt auch kommentieren. Es sei kein PR-Gag, versichert Sky. Es sagt viel über die Branche aus, wenn manche denken, dass eine Frau als Kommentatorin beim Fußball ja wohl nur ein Witz sein könne. Sport, und speziell der Fußball, ist ein maskulines Biotop. Das XY-Chromosom ist dominant, auch wenn sich immer mehr Frauen für das Spiel mit dem Ball interessieren.

Fußball ist ungeachtet dessen noch immer ein bisschen anachronistisch, ein Rainer-Brüderle-Gedächtnissport mit viel Herrenwitz – wenn es zum Beispiel um Frauen-Fußball geht oder wenn es um in den Sportmedien tätige Frauen geht. Bis heute erzählt man sich gerne schenkelklopfend von Carmen Thomas, die sich 1973 im ZDF-„Sportstudio“ den Versprecher „Schalke 05“ leistete.

„Frauen werden im Sport immer noch schärfer beurteilt als ihre männlichen Kollegen“, sagte einst Monica Lierhaus. Nur wenige haben sich bisher durchgesetzt. Sabine Töpperwien als Radiokommentatorin, Lierhaus und Sky-Moderatorin Jessica Kastrop haben sich im Fernsehen den Respekt der Szene mit Fachwissen erkämpft. Sie widerlegten das allseits beliebte Vorurteil, dass sie nur dort sind, weil sie gut aussehen. Ach ja, wie war Frau Graf eigentlich? Erst gewöhnungsbedürftig, weil ungewohnt, aber dann: sachlich, kompetent, gut.