Der Fußball fasziniert auch in Fellbach und in Kernen: Wir stellen in dieser Serie Akteure vor, die besondere Momente und besondere Erfolge erlebt haben. Heute: Ralph Pollex, 52, der einen Werdegang fast wie aus dem Bilderbuch hatte.

Fellbach - Ralph Pollex hält sich fit. Bei Wind und Wetter, Schnee, Regen oder Hitze fährt der 52-jährige Maschinenbautechniker von Fellbach mit dem Fahrrad ins Geschäft nach Mettingen. Nach den vielen Kilometern, die er in seinem Fußballerleben im Auto unterwegs war, tritt er heute lieber in die Pedale. In seiner Sportlerlaufbahn hat Ralph Pollex einige Vereine bis zur Oberliga durchlaufen, die bis 1994 die dritthöchste Spielklasse im deutschen Männerfußball war. Angefangen und beendet hat er sie aber bei der Jugend und den Seniorenfußballern seines Heimatvereins SV Fellbach.

 

Gegen Oliver Kahn einen Elfmeter verwandelt

In der Saison 1989/1990 traf Ralph Pollex, damals beim Oberligisten VfR Aalen, auf die Amateure des Karlsruher SC. In deren Tor stand ein junger Heißsporn namens Oliver Kahn und im Mittelfeld ein nicht viel weniger ehrgeiziger Mehmet Scholl. Bei beiden späteren Nationalspielern sei da schon das große Potenziel erkennbar gewesen, erzählt der Fellbacher und ergänzt nicht ohne Stolz: „Ich habe damals einen Elfmeter gegen Oliver Kahn verwandelt.“ Trotz des Treffers von Ralph Pollex gegen den später als Titan gefürchteten Tormann stieg der VfR nach 34 Spieltagen als Vorletzter in die Verbandsliga ab. Der badische Verein stand derweil auf Platz eins. Doch die KSC-Amateure durften nicht in der Aufstiegsrunde zur zweiten Liga mitspielen, weil der erste Verband in der Bundesliga am Ball war.

Oliver Kahn und Mehmet Scholl kannte wenig später fast jeder Fußballfan in Deutschland und Europa. Der Bekanntheitsgrad von Ralph Pollex beschränkte sich auf Regionen, die der Fellbacher nach der Arbeit in einigermaßen überschaubaren Fahrtzeiten zum Training erreichen konnte. Denn nur fußballerisch bewegte sich Ralph Pollex damals außerhalb der Stadtgrenzen, weggezogen ist er in all den Jahren nie.

Ralph Pollex war einer Karriere als Profi nicht abgeneigt

Unter Amateuren hat Ralph Pollex auf höchstem Niveau Fußball gespielt. Auch einer Karriere als Profi war der Fellbacher nicht abgeneigt. Sonst wäre er nicht 1985 in die A-Jugend des VfB Stuttgart gewechselt. Die Talentspäher des großen Nachbarvereins waren bei Spielen der Rems-Murr-Bezirksauswahl auf ihn aufmerksam geworden. Wenig später wurde Ralph Pollex zum Probetraining an den Wasen eingeladen. „Ich habe gleich mit der ersten Mannschaft der Junioren trainiert.“ Unter anderen mit Eberhard Trautner oder Erwin Waldner, die beide später einen Profi-Vertrag bekamen.

Zwei Jahre war Ralph Pollex bei den A-Junioren des VfB Stuttgart, reiste mit dem Team zu Turnieren nach Belgrad und Valencia. „Daheim waren wir auch mal die lebende Mauer, wenn Karl Allgöwer Freistöße trainiert hat.“ Oder sie durften Jürgen Klinsmann als Sparringspartner im Strafraum nicht nur auf die Schlappen stehen. „Ellbogeneinsatz war ausdrücklich gewünscht.“ 1987/1988 spielte Ralph Pollex eine Saison unter Trainer Willi Entenmann bei den VfB-Amateuren in der Oberliga. „Ich wäre gern geblieben, aber ich habe keinen Vertrag mehr bekommen.“ Dafür bekam er ein Angebot als Vertragsamateur von den Stuttgarter Kickers, damals Zweitligist. „Ich hätte mit den Profis trainieren können, aber ich war mit meiner Ausbildung zum Werkzeugmacher noch nicht fertig.“

1993 kehrte Ralph Pollex nach vielen Stationen zum SVF zurück

Ralph Pollex verfolgte fortan konsequent das Ziel, „so hoch wie möglich im Amateurbereich zu spielen“. Es folgten kurze Gastspiele beim Verbandsligisten SV Stuttgart-Rot und beim gleichklassigen TSV Eltingen. Dessen damals neuer Übungsleiter Walter Güntner war bis 1988 Trainer der U19 des VfB und damit auch von Ralph Pollex gewesen. „Jugendtrainer sind für mich ganz wichtig gewesen. Sie haben mir über das Fußballspielen hinaus etwas beigebracht. Zum Beispiel, wie man mit Anstand verliert.“ Als Walter Güntner nach zwölf Wochen hinschmiss, ging auch Ralph Pollex. Es folgten Stationen bei den Oberligisten VfR Aalen, VfR Sindelfingen und FC Pforzheim. 1993 kehrte Ralph Pollex zum SVF zurück, damals in der Landesliga. „Und ich habe in Stuttgart meinen Maschinenbautechniker gemacht.“

So wie es gekommen ist, sei es gut, sagt Ralph Pollex, der sein Talent an Sohn Niklas weitergegeben hat, der für die TSG Backnang in der Oberliga spielt. Zumal seine Fußballer-Laufbahn, die auf dem ehemaligen Bolzplatz in der Postsiedlung oder dem Spielfeld beim Friedrich-Schiller-Gymnasium begann, gleich zu Beginn ins Wasser zu fallen drohte. Denn als er 1976 zu den E-Jugendlichen des SV Fellbach kam, sollte der Talentierte auf Wunsch des Trainers Axel Stimmler ins erste Team wechseln. Der Achtjährige wollte aber lieber mit seinen nicht ganz so ballbegabten Kumpels aus der Maickler-Grundschule in der zweiten Mannschaft kicken. „Also habe ich sofort wieder aufgehört und bin demonstrativ ein Jahr ins Schwimmtraining beim SVF gegangen. Aber das war dann doch nichts für mich“, sagt Ralph Pollex und lacht.