Tobias Werner soll die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart in der Fußball-Regionalliga anführen – nicht ganz freiwillig. „Es lief schon etwas unglücklich hier“, sagt der 33-jährige, der ursprünglich einmal für das erste Team verpflichtet wurde.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Willkommen zuhause – hätte man bei Tobias Werner glatt sagen können, doch der betont gleich mal: „Stuttgart ist zwar eine wunderschöne Stadt, aber ich kann sie mir nicht als Heimat vorstellen.“ Was aber nichts damit zu tun hat, dass sein Wechsel zum VfB von vorneherein unter keinem guten Stern stand, trotz der Nähe des Clubgeländes zum Daimler-Werk.

 

Werner kam vor zwei Jahren vom FC Augsburg, aber eben nie so richtig zum Zug. Daran hat sich nichts geändert, auch wenn die handelnden Personen gewechselt haben. Der aktuelle Manager Michael Reschke hat ihm rasch zu erkennen gegeben, dass er bei der Profi-Mannschaft keine Zukunft hat.

Zum Innenverteidiger umfunktioniert

„Das war so nicht vorhersehbar“, sagt der 33-Jährige, doch inzwischen hat er sich arrangiert in der zweiten Mannschaft. Dort ist er seit dem Trainingsauftakt zu Hause, „Hier bin auch gut aufgehoben“, sagt Werner, der sich inzwischen sogar mit seiner Funktion identifizieren kann. Als mit Abstand ältester Spieler im Kader, es folgt Lukas Kiefer mit 25, ist ihm eine Führungsrolle angedacht die er gerne annimmt. „Ich habe noch die Qualität, den Jungs zu helfen“, sagt er durchaus ernst, aber mit einem Lächeln auf den Lippen – auch wenn es nur in der vierten Liga ist. Und zudem auf einer anderen Position. Der jahrelange Außenspieler wurde unter Trainer Marc Kienle zum Innenverteidiger umfunktioniert.

„Tobi bringt seine professionelle Arbeitseinstellung und Erfahrung in die Mannschaft ein, das tut den jungen Spielern gut“, sagt Kienle. „Die neue Rolle ist für ihn nicht ganz einfach, aber er nimmt sie an und weiß auch um seine Rolle.“ So sieht es auch der Spieler: „Das hier ist die sinnvollste Lösung.“ Die Alternative Vertragsauflösung kam für ihn nicht in Frage – und ein Vereinswechsel? Das ist immer noch eine Option, solange das Transferfenster bis Ende August geöffnet bleibt. Doch Werner stellt klar: „Natürlich hält man die Augen offen, aber ich gehe davon aus, diese Saison in der zweiten Mannschaft zu bleiben.“

Vater von drei Kindern

Danach läuft der Vertrag beim VfB sowieso aus. Doch der gebürtige Thüringer Werner, der seinen Hauptwohnsitz weiter in Augsburg hat, wo auch die Familie lebt, blickt über die Profikarriere hinaus. „Ich muss schließlich drei Kinder ernähren und beglücken.“ Deshalb bestreitet er ein Sportmanagementstudium an einer Fernuni, um für das Leben nach der Karriere gerüstet zu sein. „Ein Leben ganz ohne Fußball kann ich mir derzeit aber nicht vorstellen“, sagt Werner, der sich seine konkreten Pläne (Trainerjob?) noch offen lässt.

Es gibt ja noch ein bisschen was zu tun beim VfB, auch wenn er sich die aktuelle Situation bei seinem Wechsel vor zwei Jahren so nicht vorgestellt hat. Ob er den inzwischen schon mal bereut hat? „Das ist das falsche Wort“, sagt der Mann mit der hohen Stirn, „ aber es lief schon etwas unglücklich hier.“ Sein Mentor und Trainer Jos Luhukay musste schnell wieder gehen, dann war er verletzt und es gab einen schweren Schicksalsschlag, weil sein Kind bei der Geburt starb. Sprechen will der Spieler darüber nicht. „Da bitte ich um Verständnis.“ Kein Problem.

Saisonstart am Samstag gegen den SC Freiburg II

Sonst nimmt Werner kein Blatt vor den Mund und kann sich einen Seitenhieb auf Ex-Manager Jan Schindelmeiser nicht verkneifen. „Ich denke, er hat mich auf Luhukays Wunsch hin verpflichtet, obwohl ich gar nicht unbedingt in seine Vorstellungen gepasst habe.“ Und auch nicht in die des Trainer-Nachfolgers Hannes Wolf. Also wurde Werner zum 1. FC Nürnberg ausgeliehen, der zwar aufgesteigen ist, er aber trotzdem gehen musste. Warum? „Da bin ich der falsche Ansprechpartner, das muss man so akzeptieren.“

Eine Erfolgsgeschichte sieht anders aus, doch davon lässt sich Tobias Werner nicht entmutigen. Er blickt voll motiviert dem Saisonstart am Samstag (14 Uhr, Gazi-Stadion) gegen den SC Freiburg II entgegen und warnt: „Man darf die Regionalliga nicht unterschätzen.“ Das tut bisher auch keiner. „Ich werde es schon ansprechen, wenn mir etwas nicht passt“, sagt Werner. Dafür gibt es noch keinen Grund. Schließlich kann die Regionalliga für die VfB-Spieler auch ein Sprungbrett sein – intern. „Das sind alles fantastische Fußballer, die nicht zu Unrecht hier unter Vertrag stehen“, sagt Werner, „denen steht die Tür nach oben weit offen.“ Nur für einen gilt die Prognose nicht: für Tobias Werner.