Mit einem 1:0-Sieg im Nachholspiel gegen den VfL Sindelfingen klettern die Fußballer von Calcio Leinfelden-Echterdingen ins obere Tabellendrittel. Nun freuen sie sich auf den „FC Bayern der Liga“, gegen den es vollends ein goldener Oktober werden könnte.

Lokalsport : Franz Stettmer (frs)

Echterdingen - Dicke Trainerfreunde werden sie wohl nicht mehr werden. Das war dann auch nach dem Abpfiff zu sehen. Der obligatorische Händedruck, ja. Von Herzlichkeit aber keine Spur. Wäre freilich auch irgendwie komisch gewesen ein solcher plötzlicher Schwenk, nachdem sich die beiden Delegationen zuvor am Spielfeldrand in die Haare geraten waren. So hatte Roberto Klug, der Gästecoach des VfL Sindelfingen, sich über das Auswechselgebaren und die zweimaligen Elfmeterforderungen des Gegners echauffiert. Sein Amtskollege Francesco Di Frisco von Calcio Leinfelden-Echterdingen blaffte später zurück. Die angebliche Personalnot auf der anderen Seite? „Die hatten eine Topelf auf dem Platz. Ich weiß nicht, welche besten Spieler da gefehlt haben sollen“, grantelte Di Frisco.

 

Doch vielleicht gehören solche Scharmützel einfach dazu in einem Duell zweier Mannschaften, deren Heimstätten gerade einmal gut 15 Kilometer voneinander entfernt sind. Zweier Widersacher, zwischen denen es in der Fußball-Verbandsliga meistens heiß hergegangen ist. Zwischen denen die Ergebnisse schon mal 3:3 oder 4:5 lauteten – und in deren Begegnung es nun auch aktuell wieder bis zuletzt eine enge Angelegenheit war, diesmal freilich mit dem verdientermaßen besseren Ende für Calcio. Der finale Stand im Nachholspiel am Mittwochabend: ein 1:0. Als den Echterdingern in ihrer Schlussoffensive die Zeit bereits davonzulaufen schien, wurde ein Mann von der Bank zum späten Matchwinner.

Matchwinner Aziz

Der 23-jährige Sangar Aziz stand schließlich im Zentrum des Jubels. 87. Spielminute: ein Dribbling von Marcel Bahm, ein Pass von Felix Gerber, und da stand Aziz an der richtigen Stelle. Sein Schuss flutschte ins Tor – für den Neuzugang aus Gmünd sein erster Pflichtspieltreffer im Echterdinger Trikot. Aufs Feld gekommen war er für den angeschlagenen Diamant Avdiu (Adduktorenprobleme).

Bezahlt machte sich damit die Beharrlichkeit von Di Friscos Aufgebot. Jenes hatte seinen Gegner also doch noch mürbe gekriegt. Der Nebeneffekt: in der Tabelle ist der Filderclub nun Sechster. Oberes Drittel sogar. Wer hätte es gedacht nach dem erneuten Verlust mehrerer Leistungsträger vor dieser Saison, dem dann eher mühsamen Start und der zwischendurch nochmals dreiwöchigen Calcio-Coronapause? Umso größer die aktuelle Zufriedenheit. „Manch einer hatte wohl schon vermutet, dass es für uns jetzt in den Abstiegskampf geht“, sagte Di Frisco, der freilich selbst im Gegensatz zu anderen internen Stimmen lediglich das Ziel Klassenverbleib ausgegeben hatte. Zur Gefahrenzone sind es nun bereits sieben Zähler Abstand – dem Oktober-Hoch sei Dank. Di Friscos frohlockender Kommentar: „Aus dem vermeintlichen Teufelsmonat haben wir einen Engelsmonat gemacht.

Schlechte Zeiten für Mittelstürmer

Unter diesen Umständen lässt sich denn verschmerzen, dass die neue Auftrittsweise weiter nur begrenzt vom Hocker zu reißen vermag. Ein kühler Pragmatismus hat bei Calcio den mitunter naiven Hurrafußball vergangener Jahre abgelöst. Das Motto lautet inzwischen: lieber Erfolg statt Spektakel, basierend auf der Erkenntnis, dass ein 1:0, ja, keine Frage, zwar geringeren Unterhaltungswert hat als ein 4:5, aber allemal besser für den Blutdruck und das Punktekonto ist. Auch diesmal überwog das Echterdinger Sicherheitsdenken zunächst ein etwaiges Angriffsrisiko. In der ersten Hälfte konnte einen der Verdacht beschleichen, die Gastgeber arbeiteten an einem Rekordversuch im Querpassspielen. Ball nach links, Ball nach rechts. Ball nach links, Ball nach rechts. Und vorne haderte ein Daniele Cardinale. Schlechte Zeiten für einen Mittelstürmer. Wie sich beweisen, wenn man selbst die Kugel kein einziges Mal erhält? Man habe es „in dieser Phase leider versäumt, in die Tiefe zu gehen“, monierte Di Frisco.

Dies änderte sich in Durchgang zwei. Nach der Pause erhöhten die Seinen die offensive Schlagzahl. Als zuletzt Aziz zum Erlöser wurde, hatten Geber und Volkan Candan den seinerseits defensiv ausgerichteten Gegner bereits mit Aluminiumtreffern angezählt. Eben der erneut starke Candan sowie ein umtriebiger Marcel Bahm (siehe auch „Spieler des Spiels“) erwiesen sich als Triebfedern eines drängenden Calcio-Teams.

Nun gegen den Meisterschaftsfavoriten

Jenem attestierte Di Frisco etwas pathetisch „eine überragende Vorstellung“, die nun auch Hoffnung für die gleich nächste Aufgabe am Sonntag macht. Dann ist der „FC Bayern der Liga“ in den Goldäckern zu Gast, der aktuell Tabellenzweite und große Meisterschaftsfavorit TSV Essingen. Der kommt gerade recht. Das Mammutprogramm mit der mittlerweile dritten englischen Woche in Serie hat zwar Kraft gekostet. Aber wenn nicht diese Aufgabe motiviert, ein weiteres Mal allen Ehrgeiz in die Waagschale zu werfen, welche dann?

Calcio-Spieler des Spiels

Marcel Bahm
Der einzige in der Echterdinger Mannschaft, der auch schon in der ersten Hälfte offensiv mutig agierte. Mit seinen Dribblings riss der Youngster Lücken, und auf diese Weise war er dann auch einer der Wegbereiter des Führungstors. Hinzu kam ein defensiv engagierter Auftritt. Bahm eroberte mehrfach verlorene Bälle zurück, lief viel und trieb seine Teamkollegen an. (Nominierungen: 3)

Calcio Leinfelden-Echterdingen: Berisha – Sirianni, Biljeskovic (69. Pescione), Pranjic, Zweigle, Gerber – Candan – Schick (84. Ribeiro), Avdiu (43. Aziz), Bahm – Cardinale (90. Dodaj). VfL Sindelfingen: Bachmann – Horny, Feigl, Ulici, Wetsch – Glotzmann, Krauß – Dodoli, Schechinger, Simao – Syla (76. Häcker).