Sie überwinden die strengen Sicherheitsvorkehrungen und gelangen auf das Spielfeld: Flitzer der Punkband Pussy Riot geben ein kurzes Gastspiel auf dem Rasen im Moskauer Luschniki-Stadion.

Moskau - Nach einer Flitzer-Aktion beim WM-Finale Frankreich gegen Kroatien sind vier Mitglieder der russischen Protest- und Punkgruppe Pussy Riot festgenommen worden. Den drei Männern und einer Frau wurde am Sonntagabend der Verstoß gegen Zuschauerrechte und das illegale Tragen von Polizeiuniformen vorgeworfen. Wie die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete, drohen ihnen Strafzahlungen von umgerechnet rund 158 Euro oder 160 Sozialstunden. Der kroatische Abwehrspieler Dejan Lovren zeigte sich erbost.

 

Die Mitglieder von Pussy Riot hatten nach der Halbzeitpause das Feld gestürmt, wo sie von Ordnern niedergerungen wurden. Die Frau schaffte es noch, in der Mitte des Spielfelds den französischen Stürmer Kylian Mbappé abzuklatschen, bevor sie abgeführt wurde. Lovren schubste einen Mann und half einem Ordner, ihn vom Feld zu bekommen. „Ich war wirklich sauer, weil wir in dem Moment eine gute Figur gemacht haben“, sagte er. „Wir haben guten Fußball gespielt und dann kam die Störung. Ich bin wütend geworden und habe den Typen geschnappt und mir gewünscht, ich könnte ihn aus dem Stadion werfen.“

Pussy Riot fordert ein Ende „illegaler Festnahmen“

Die Gruppe twitterte indes, vom Spielfeld Luschniki sei die Lage großartig. In einer Stellungnahme forderte sie die Freilassung politischer Gefangener und ein Ende „illegaler Festnahmen“ von Demonstranten in Russland. Außerdem müsse ein politischer Wettbewerb erlaubt sein.

Die beschuldigten Staatsbürger seien zu einer lokalen Polizeistation gebracht worden, schrieb indes die für Moskau zuständige Abteilung des russischen Innenministeriums. In den sozialen Netzwerken kursierte ein Video, laut dem zwei der Protestler auf einer Polizeistation angeblich auf grobe Art und Weise verhört wurden.

Der Internet-TV-Sender Doschd identifizierte einen von ihnen als Pjotr Werzilow, einem der bekanntesten Pussy-Riot-Mitglieder. Nach Fragen eines Mannes aus dem Off sagt er demnach: „Ich bin für Russland so wie Sie - wenn Sie für Russland sind.“ Der nicht zu sehende Mann entgegnet daraufhin: „Manchmal wünschte ich, wir hätten 1937.“ Damals fanden sogenannte Säuberungsaktionen, also unter anderem Festnahmen und Inhaftierungen in Arbeitslagern, unter Diktator Josef Stalin ihren Höhepunkt.

Reformen in der russischen Polizei gefordert

Pussy Riot erklärte mit Blick auf ihre Aktion beim WM-Finale, die Polizeiuniformen der Aktivisten symbolisierten, dass die russische Polizei ihrer „himmlischen“ Darstellung in der Literatur nicht gerecht werde. Sie forderte Reformen. Unklar war, ob die Uniformen den Mitgliedern dabei halfen, in das streng gesicherte Stadion zu gelangen.

Pussy Riot ging auch auf den Fall des Aktivisten Oleg Sentsow ein, der wiederholt die russische Annexion der Krim 2014 scharf kritisierte. Er wurde 2015 wegen Terrorverdachts zu 20 Jahren Haft verurteilt. Sentsow hat die Anschuldigungen zurückgewiesen und befindet sich seit Mitte Mai im Hungerstreik.

Punk-Band durch Protest gegen Putin weltbekannt

Die Punk-Band wurde 2012 mit ihrem Protest gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin weltbekannt. Putin sah sich das Finale am Sonntag im Stadion an, gemeinsam mit seinem französischen Kollegen Emmanuel Macron und Fifa-Präsident Gianni Infantino. Die Protestaktion war kurz in der internationalen Übertragung des Finales zu sehen. Normalerweise zeigen die Kameras solche Aktionen nicht.

Nach dem Protest veröffentlichte die Gruppe eine zweite Stellungnahme. Die Aktivisten erklärten, während der Weltmeisterschaft habe die Polizei eine entspanntere Haltung angenommen - das Turnier habe sehr gut gezeigt, wie sich Polizeibeamte benehmen könnten. „Aber was wird passieren, wenn es vorbei ist?“