Vor der Bundesligapartie Stuttgart gegen Leverkusen prügeln sich etwa 100 Schlachtenbummler in Bad Cannstatt. Auch gewaltbereite Karlsruher mischten mit. Die Polizei glaubt nicht an einen Zufall.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Das Heimspiel des VfB Stuttgart gegen Bayer 04 Leverkusen haben 67 Anhänger verpasst. Sie saßen während der Partie im Polizeigewahrsam. Die Polizei hatte sie nach einer Schlägerei auf dem Marktplatz in Bad Cannstatt festgenommen. Die gewaltbereiten Fans sind einer ersten Einschätzung der Polizei zufolge nicht zufällig aufeinander getroffen. „Es sieht schon so aus, als ob das geplant war“, sagte ein Sprecher der Polizei. Das sei einerseits nicht ungewöhnlich, andererseits spreche dafür die frühe Anreise der Auswärtigen: Zu der Schlägerei kam es um 11.30 Uhr, das Spiel begann um 15.30 Uhr.

 

Die Szenen müssen auf Passanten erschreckend gewirkt haben. Mehrere Augenzeugen griffen zu den Mobiltelefonen und verständigten die Polizei: Rund 100 Anhänger des VfB, des Karlsruher SC und des Heimspielgegners Leverkusen gerieten auf dem Marktplatz aneinander. Die Fäuste flogen, doch nach wenigen Augenblicken war das Treiben schon wieder vorbei. Mit 30 Streifenwagenbesatzungen rückte die Polizei an, um die Streithähne auseinander zu bringen.

Von den rund 100 Beteiligten konnte die Polizei 67 Personen festnehmen, darunter sei kein einziger VfB-Anhänger gewesen. Etwa 45 sollen Leverkusener gewesen sein. Ein Polizeisprecher sagte, die Stuttgarter hätten wohl ihren Heimvorteil genutzt. Sie hätten gewusst, wie sie sich in Cannstatts Gassen schnell aus dem Staub machen können. Zeugen hätten aber Fansymbole aller drei Clubs in dem Getümmel beobachtet. Schätzungsweise weitere 40 Leverkusener Ultras seien aus Solidarität mit den festgenommenen Kollegen dem Spiel ferngeblieben. Über Verbindungen zwischen Karlsruher Ultras und gewaltbereiten Leverkusenern liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Dem Vernehmen nach sollen Beziehungen und Sympathien auf einer sehr informellen Ebene bestehen.

Laut der Polizei kam es nur zu leichten Verletzungen

Sieben Personen erlitten bei der großen Schlägerei leichte Verletztungen. Nennenswerte Sachschäden – etwa an Geschäften oder Mobiliar der Außengastronomie – seien nicht zu beklagen gewesen, so die Polizei. Unter den festgenommenen Personen seien auch der Polizei als gewaltbereit bekannte Fans gewesen. Bewaffnet sei keiner gewesen, die Beamten hätten bei den Beteiligten lediglich „passive“ Ausrüstung zum Schutz bei der Schlägerei gefunden – ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Fans mit der Erwartung angereist waren, sich mit anderen zu prügeln.

Die Schlägerei hat Folgen für die Beteiligten. Nicht nur dräuen ihnen nun Anzeigen wegen schweren Landfriedensbruchs. Das ist eine Straftat, für die bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe verhängt werden können. Sondern sie dürfen auch in den kommenden zwölf Monaten nicht mehr ins Stadion. Diese Sanktion hat der VfB Stuttgart verhängt, meldet die Polizei. Das Verbot gelte nicht nur für die Mercedes-Benz-Arena der Stuttgarter, sondern bundesweit. Nach der Stadionverbotsverordnung sei das möglich, erläuterte der VfB-Pressesprecher Tobias Herwerth. Nach dem Spiel wurden die Leverkusener Fans mit ihrem Bus nach Hause geschickt. Die Polizei eskortierte die Abfahrt, damit es nicht zu weiteren Auseinandersetzungen im Stadtgebiet kommen würde: „Wir haben sie zur Autobahn begleitet“, hieß es dazu.

Die Polizei hofft nun, neben den Augenzeugenberichten der Passanten, die den Notruf wählten, noch weitere Hinweise zu bekommen. Insbesondere hoffe man, dass Bildmaterial auftauche. Zeugen – ob mit oder ohne Bildmaterial – werden gebeten, sich bei der Kriminalpolizei unter der Nummer 07 11/ 89 90 - 57 78 zu melden. Das gelte auch für Geschädigte, die bei der Massenschlägerei auf dem Cannstatter Marktplatz womöglich in Mitleidenschaft gezogen worden seien.