Die Stadt Esslingen will bei neuen Fußball-Spielstätten ein Kork-Quarzsand-Granulat als Füllmaterial verwenden, wartet beim Nachrüsten der bestehenden Anlagen vorerst ab. Doch auch da wären schon jetzt Alternativen denkbar.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Die Meldung hatte im Sommer erhebliche Unruhe bei den Sportvereinen nicht nur in Esslingen, sondern im ganzen Land hervorgerufen. Im Juni hatte der Städtetag Baden-Württemberg seine Mitglieder darüber informiert, dass die EU-Kommission ein Verbot von Plastikgranulat auf Kunstrasenplätzen plant. Die europäische Chemikalienbehörde Echa hatte zuvor einen Beschränkungsvorschlag für Mikroplastikartikel veröffentlicht, von dem das in Kunstrasenplätzen verwendete Granulat betroffen ist.

 

Sechs Monate später gibt die Stadt Esslingen nun vorerst Entwarnung: Egal, in welche Richtung die Reise in Sachen Kunstgranulat gehe, man sei für alles gerüstet, was da kommen möge. So werde man bei allen neuen Kunstrasenplätzen im Stadtgebiet auf den Einsatz von Mikroplastik verzichten.

Schon der geplante Kunstrasenplatz im Sportpark Weil werde mit einer kunststoffgranulatfreien Kork-Quarzsand-Mischung aufgefüllt. Anfangs geäußerte Bedenken, der Einsatz von Kork könne zu Problemen führen – das Material könne faulen oder bei Starkregen weggeschwemmt werden – hätten sich bei der Recherche nicht bestätigt.

Kork-Quarzsand-Mischung soll teilweise zum Einsatz kommen

Die Rückmeldungen auf entsprechende Esslinger Nachfragen in Hamburg und anderen Kommunen habe vielmehr ergeben, dass alle Verantwortlichen mit der Kork-Quarzsand-Mischung sehr zufrieden seien. Im Sommer habe diese sogar den Vorteil, dass sich das Spielfeld weniger aufheize als mit Kunststoffgranulat. Auch beim DFB-Minispielfeld auf dem Gelände des Schelztorgymnasiums wird die Stadt auf den Einsatz von Kunststoffgranulat verzichten und will stattdessen die gewünschten Spieleigenschaften mit dem Einsatz von Quarzsand erzielen.

Anders sieht es bei den Bestandsplätzen aus: In Esslingen gibt es momentan drei Kunstrasenfelder unter städtischer Regie: in Serach am Schelztorgymnasium, im Waldheimstadion auf dem Zollberg und im Stadion Zell. Hinzu kommen vier Vereinsplätze: der des TSV Berkheim sowie drei Kleinspielfelder des VfB Oberesslingen, der SG Eintracht Sirnau und des TSV Wäldenbronn.

Allerdings gebe es aktuell keinen Handlungsbedarf. Denn selbst, wenn das Verbot des Kunstsoffgranulats – frühestens im Herbst 2021, voraussichtlich aber erst im Jahr 2022 – komme, werde es wohl eine sechsjährige Übergangsfrist geben, in der die Städte und Vereine nach alternativen Lösungen suchen könnten. Die wiederum, das habe man geprüft, gäbe es schon heute. Auf den städtischen Kunstrasenplätzen wäre aufgrund des verwendeten Kunstrasenflors ein Austausch des vorhandenen Gummigranulats generell möglich.

100 000 Euro Kosten pro Fußballplatz

Hierzu müsste das bestehende Sand-Gummi-Granulat entfernt, getrennt und fachgerecht entsorgt werden. Im Anschluss könnten dann neuer Sand und Kork auf den Plätzen verteilt und eingebürstet werden. Pro Platz würde diese Aktion knapp 100 000 Euro kosten. Von einem schnellen Austausch raten die Fachleute aber ab, denn die Entwicklung neuer Füllmaterialien schreitet schnell voran. Zurzeit gibt es Bemühungen, Fasern herzustellen, deren Ursprung aus nachwachsenden Rohstoffen besteht. Auch Kunstrasensysteme, die ganz ohne Füllmaterial auskommen, sind in der Erprobungsphase. Deshalb, so die Fachleute, sei es sinnvoll, die Entwicklungen zu beobachten, um im Bedarfsfall die dann optimale Lösungen zu wählen.

Keine Alternative sei es hingegen, wie von den Grünen vorgeschlagen, ganz auf den Bau von Kunstrasenplätzen zu verzichten und stattdessen Naturspielfelder zu bauen. Deren Belastbarkeit sei deutlich geringer als die von Kunstrasenplätzen. Könne man auf Kunstrasenplätzen pro Jahr 1500 Stunden trainieren, seien es auf Sportrasenplätzen lediglich 600 Stunden, die sich zudem hauptsächlich auf die Monate April bis September beschränkten. Selbst der zusätzliche Bau von Rasenplätzen sei deshalb sinnlos. Angesichts der Nachfrage nach Sportstätten müsse die Stadt auch in Zukunft auf Kunstrasenplätze setzen, heißt es im Rathaus.