Er benimmt sich in letzter Zeit ziemlich oft daneben. In die Flugzeugkabine hat Gérard Depardieu gepinkelt und ist betrunken Motorrad gefahren. Trotzdem gehört zur Familie: Gérard Depardieu feiert am Freitag seinen 65. Geburtstag.

Paris - Er benimmt sich in letzter Zeit ziemlich oft daneben. In die Flugzeugkabine hat Gérard Depardieu gepinkelt. Er ist betrunken Motorrad gefahren. Der Steuerflucht verdächtig, hat er die Hand Wladimir Putins ergriffen, die Güte des russischen Herrschers gepriesen, ihn mit Papst Johannes Paul II. verglichen. Aber die Franzosen verstoßen den exzentrischen Filmstar nicht. Über vier Jahrzehnte hinweg hat sich der mit Gefühlen nie geizende Mann ins Herz seiner Landsleute gespielt. Er gehört zur Familie, in guten wie in schlechten Zeiten. Zumal er ja nicht nur als Enfant terrible von sich reden macht, sondern auch als Schauspieler.

 

In gut einer Woche tritt er im Pariser Antoine-Theater auf. In der Rolle des nach einer Sexaffäre tief gestürzten früheren Chefs des Weltwährungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, kehrt Depardieu anschließend auch auf die Leinwand zurück.

Nur Louis de Funès hatte ein größeres Publikum

Längst zählt der aus der Kleinstadt Châteauroux stammende Sohn eines Karosserieklempners und einer Hausfrau zu den ganz Großen des französischen Kinos. Mehr als 170 Filme hat er gemacht, gut 200 Millionen Zuschauer haben ihn da gesehen. Nur Louis de Funès hat ein noch größeres Publikum in Bann gezogen.

Was immer ein Mann sein kann, Depardieu ist es gewesen, auf der Leinwand oder der Bühne. Als liebenswerter Bösewicht trat er 1974 ins Rampenlicht. „Die Ausgebufften“, hieß der mit derben Dialogen und freizügigen Sexszenen garnierte Film. In „Cyrano de Bergerac“ überzeugte der Franzose 1990 als feinsinniger Dichter, draufgängerischer Held und unglücklich Liebender. In vier Asterix-Filmen gab er den gutmütigen Gallier Obelix. Und dann war da noch der Frauenheld Depardieu, der in Truffauts „Die letzte Metro“ Cathérine Deneuve umgarnte, oder Depardieu als charmanter Immigrant in „Green Card – Scheinehe mit Hindernissen“.

Er war Zigarettenschmuggler und Boxer

Seinen 65. Geburtstag feiert er am Freitag, und man kann ihm nur wünschen, dass nicht irgendein Gratulant leichtfertig von Rente oder Ruhestand spricht. Für den Jubilar wäre das pure Provokation. Und wie er, der wegen überschießender Emotionalität vom Wehrdienst Befreite, auf so etwas reagiert, ist unschwer auszurechnen. Maßhalten, aufhören gar, ist seine Sache noch nie gewesen. Einen rastlosen „Vielfraß des Glücks“ hat sich der beleibte Mann mit der Knollennase einmal genannt. Ob er nun in aller Welt Weingüter und Restaurants kauft oder in neue Rollen schlüpft, genug war ihm noch nie genug. Was damit zusammenhängen mag, dass er zu Beginn seines bewegten Lebens eindeutig zu kurz gekommen ist.

Der kleine Gérard wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Wie die fünf Geschwister, ist er den Exzessen eines Vaters ausgesetzt, den er später als „wortkargen Trunkenbold“ schildern sollte „passend zu einer Familie, die wenig kommuniziert“. Im Alter von 13 Jahren kehrt Depardieu wegen Sprachfehlern Gehänselte der Schule den Rücken. Er hütet Hunde reicher Urlauber am Strand von Cannes, schlägt sich als Zigarettenschmuggler durch, gründet mit jungen Ganoven eine Bande, die „von Lastwagen gefallene Ware“ verhökert. Als Boxer streicht er Siegprämien ein. Mit 16 Jahren schreibt er sich an einem Pariser Theater in einen Schauspielkurs ein – und entdeckt sein wahres Talent.

Er nimmt es auch mit Hollande auf

Knapp fünfzig Jahre später hat Depardieu vier Kinder von drei verschiedenen Frauen. Guillaume, der älteste Sohn, der als Schauspieler nicht aus dem Schatten des Vaters zu treten vermochte, starb 2008 mit nur 37 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Anders als früher muss heute auch kein Ganove mehr sein, wer Depardieus Gunst gewinnen will. Das Zeug dazu, das sollte er allerdings schon haben.

Der französische Staatschef François Hollande hat es nicht, was Gérard Depardieu ihm öffentlich ankreidet. „Hollande liegt mir nicht, er ist nicht Ganove genug, schon eher verwöhnter Sohn reicher Eltern“, hat der Schauspieler wissen lassen. Verübelt haben die Franzosen auch das nicht.