Die Hubls haben sich im Garten alten Sorten verschrieben. Warum tun sie das, und was können Hobbygärtner von ihnen lernen?

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Filder - Wenn Mechthild Hubl durch ihren Schrebergarten schlendert, dann dauert es nicht lange, bis es aus einer Ecke laut quakt. „Das sind die Enten“, erklärt Hubl, jüngst kam noch mal Nachwuchs, nach einem schnellen Durchzählen sind es etwa 20. Aber warum halten die Hubls Enten, wenn ihr Fokus doch auf dem Bio-Gemüseanbau liegt? „Die Enten essen die Schnecken“, erklärt Mechthild Hubl. So bleiben der Salat und das andere Gemüse unangetastet vom Schneckenvieh, ganz ohne Gift.

 

Früher hat sie auch moderne Sorten gekauft

Mechthild Hubl geht durch den Garten, erklärt hier, welche Ecke für welches Gemüse bestimmt ist, wickelt dort einen kleinen Pflanzenspross um die Rankhilfe. Ihr Fokus liegt auf alten Gemüse- und Obstsorten, denjenigen, die noch nicht zurechtgezüchtet worden sind. Diese alten Sorten heißen auch samenfest, weil man durch den Anbau neue Samen gewinnt – für den Anbau im nächsten Jahr. Das Gegenteil davon sind Hybridsorten, hochgezüchtet und nicht samenfest. Will man sie weiter anbauen, muss man neue Samen kaufen.

„Früher habe ich auch moderne Sorten für den Garten gekauft“, erzählt Mechthild Hubl, die in Leinfelden-Echterdingen. lebt. Der Schrebergarten in Möhringen ist schon lange in ihrer Familie, vor ihr haben die Eltern und Großeltern ihn bewirtschaftet. Auch beruflich hat sich Hubl von der Liebe zum Wachsenlassen inspirieren lassen, sie ist ausgebildete Agraringenieurin, studiert hat sie in Hohenheim. „Die Saatfirma, von der ich gekauft habe, ist dann an den Pharmariesen Bayer verkauft worden“, erinnert sie sich. „Da war mir nicht wohl dabei, denen wollte ich kein Geld mehr geben.“ Auf der Suche nach Alternativen stieß sie auf kleine Firmen und Initiativen, die sich dem samenfesten Saatgut verschrieben hatten. Und schon hatte sie Feuer gefangen, besuchte Lehrgänge, las Handbücher. „Selbstversorger waren wir schon“, erinnert sich Mechthild Hubl, „das war wie die zweite Stufe: unabhängig sein mit eigenem Saatgut“. Denn das stört sie sehr: dass große Unternehmen als Saathersteller bestimmen, welche Sorten auf den Markt kommen und damit angebaut werden. „Als Konsument ist man dem ausgeliefert“, sagt Hubl.

Oft geht das zu Lasten des Geschmacks

Aber was sind denn nun die Vorteile von samenfesten Sorten? Hubl erklärt es am Beispiel von Tomaten. „Tomaten werden auf hohen Ertrag und hohe Transportfestigkeit hin gezüchtet. Dabei gehen aber Gene verloren, die für Geschmack und Süße zuständig sind.“ So funktionieren die Hybridsorten: Schwächen werden ausgemerzt, oft geht das zu Lasten des Geschmacks. „Alle alten Sorten haben ihre Schwächen, bringen aber auch immer liebenswerte Vorteile mit“, sagt Mechthild Hubl und lächelt.

Um beispielsweise Anfälligkeiten für Krankheiten wegzubekommen, gibt es auch Neuzüchtungen für den Bio-Anbau bei den samenfesten Sorten. „Die sind auch notwendig“, sagt Hubl, „die biologische Züchtung muss gefördert werden, wenn Bio ausgebaut werden soll“.

Es ist nicht schlimm, wenn nicht alles gleichzeitig reif ist

Mit den Schwächen der alten Sorten können aber gerade Hobbygärtner gut umgehen. Eine dünne Haut beispielsweise ist unpraktisch, wenn Tomaten in Lastwagen im ganzen Land umhergefahren werden, nicht aber, wenn sie lediglich aus dem Garten in die Küche getragen werden müssen. Ackert man im eigenen Garten für die Selbstversorgung, ist es auch nicht schlimm, wenn nicht alle Pflanzen einer Sorte gleichzeitig reif sind – im Gegenteil.

Die Hubls wollen Mut machen, den alten Gemüsesorten noch eine Chance zu geben. „Wenn die Leute merken, welche geschmackliche Vielfalt es eigentlich gibt, ist das eine Offenbarung“, sagt Ingo Hubl. Die beiden bieten selbst samenfeste Sorten an und sind beim „Genbänkle“ dabei, einer Samen-Datenbank, um alte Sorten zu erhalten. Außerdem gibt Mechthild Hubl Seminare zu diesem Thema. „Es gibt eine gigantische Auswahl bei den samenfesten Sorten“, sagt sie. Sie merkt, dass sich auch immer mehr junge Familien mit Kindern für das Thema interessieren. „Wie und mit was man seine Kinder ernährt, wird immer wichtiger.“