Norbert Nieser zeigt in seiner Degerlocher Galerie am liebsten nackte Haut. Auf den Bildern von Fotografen. Er selbst will die Hosen nicht runterlassen – auch nicht im übertragenen Sinne.

Degerloch - Norbert Nieser will die Hosen nicht runterlassen. Zumindest nicht, wenn das im übertragenen Sinn bedeutet, dass er von seinem Werdegang erzählen soll. Ansonsten hat der Fotograf und Galerist aber kein Problem mit nackter Haut. Zum Beispiel vor ziemlich genau zehn Jahren. „Das war das erste und das einzige Mal, dass ich gemalte Bilder ausgestellt habe“, sagt Nieser retrospektiv über die Ausstellung „Triebwerke“ des Airbrush-Künstlers Michael Krämer im Jahr 2005.

 

Die Akt- und Erotikfotografie ist geblieben

„Ich hatte Michael Krämer bei einem Auftragsshooting kennen gelernt“, erzählt Nieser. Es war ein Shooting auf einer Sadomaso-Party, und Nieser grinst, als er sich daran erinnert, wie „gesichtslos“ er dort fotografieren musste.

Der Kontakt zu Michael Krämer ist inzwischen abgebrochen. Doch die Akt- und Erotikfotografie ist in der Galerie an der Großen Falterstraße geblieben. „Ich habe über viele Jahre die ganze Seite der klassischen, konservativen Fotografie gezeigt“, sagt Nieser. „Aber auch, wenn etwas gut läuft, muss man den Zopf auch mal abschneiden.“ Nieser tat das 14 Jahre nach der Eröffnung: Über das Jahr 2013 zog er sich zurück, ließ seine Räume von der Galeristin Bettina Michel bespielen – und war dann zurück mit einem neuen Konzept, der Konzentration auf, wie er sagt, „erotische und Menschenfotografie“.

Nieser selbst gefällt an der erotischen, was er generell an der Fotografie mag: das „Lügen mit Licht“, wie er es nennt. Zum Beweis, wie sich mit dem gezielten Einsatz von Licht und Schatten das Kopfkino einschalten lässt, zeigt er Fotos auf seinem Smartphone: die Kurve eines zweifelsfrei weiblichen Rückens hier, ein wohlgeformter, weicher Frauenbauch und ihr Brustansatz da. „An den fehlenden Brustwarzen lässt sich vielleicht erkennen, dass es eine Puppe ist“, sagt Nieser unter den leblosen Augen des Modells, das in seinem Studio steht. „Mit einem Beauty kann jeder arbeiten. Es kommt immer auf die Pose an. Und es geht auch darum, den Menschen ein Stück Selbstbewusstsein zurückzugeben“, sagt Nieser, der auch schon eine übergewichtige Frau so ins rechte Licht gerückt habe, dass sich „jeder die Finger nach den Bildern leckte“.

Galeristen züchten Fotografensammler

Dass „Sex sells“ immer noch gilt, bejaht der 58-Jährige mit Nachdruck. Und es ist in Ordnung für ihn, denn er beherzige, was der berühmte Fotograf und Galerist F. C. Gundlach mal zu ihm gesagt habe: „Es gibt immer mehr Galerien und immer weniger Fotografensammler. Es ist die Aufgabe der Galerien, Fotografensammler zu züchten.“

Doch dieses Ziel lässt Norbert Nieser offenbar nicht wahllos werden: Circa 80 Bewerbungen von Fotografen bekommt er im Jahr, und er scheut sich nicht davor, Absagen zu erteilen. Die Mappe eines Fotografen, der offenkundig weniger auf den gekonnten Einsatz von Licht und Schatten, sondern vielmehr auf den von Lederriemen und Dildos setzt, hat ihn nicht überzeugt.

Infos zur nächsten Ausstellung:

Die nächste Schau in der Galerie Nieser, Große Falterstraße 31/3, zeigt unter dem Titel „Entschleunigung“ Werke von Alena Bacher und Jochem Hueskes. Die Vernissage ist am Samstag, 19. September, und beginnt um 20 Uhr. Die Fotografien sind bis 7. November zu sehen. Die Ausstellung ist mittwochs bis freitags von 16 bis 18 Uhr geöffnet, sowie samstags von 10 bis 13 Uhr und nach Vereinbarung.