Jedes Jahr bietet das Internationale Trickfilmfestival Stuttgart einen Games-Bereich. Auch der ist dieses Jahr ins Netz gewandert. Man kann hier neue deutsche Spiele entdecken.

Stuttgart - In Berlin brennt der Reichstag. Auf den Straßen stehen Bücherberge in Flammen. Ein Mann mit blutig geprügeltem Gesicht sitzt gebeugt an einem Tisch, jemand legt mit autoritärer Geste ein Papier vor ihn hin, das er unterschreiben soll: wohl ein Geständnis. Diese Szenen stammen aus dem von der Berliner Firma Paintbucket Games entwickelten Computerspiel „Through the darkest of Times“, in dem man als Widerstandskämpfer im Dritten Reich agieren und überleben muss.

 

Moderne Geschichtenerzähler

Wer sich jetzt fragt, ob ein Spiel denn so ein Thema aufgreifen dürfe, ob das zwischen bunten Candy-Crush-Varianten und manischen Ballereien nicht obszön wirke, kennt die Bandbreite der Spielewelt und das Selbstverständnis vieler Macher nicht. Die sehen sich als Geschichtenerzähler des 21. Jahrhunderts. Kennenlernen kann man sie und die Sachen, die sie austüfteln, normalerweise im Games-Bereich des Trickfilmfestivals Stuttgart. Das klappt wegen der Corona-Einschränkungen dieses Jahr, also bei der Onlinevariante des Festivals, nur zum Teil. Aber man kann sich Trailer und andere Kostproben etwa jener Spiele anschauen, die für den Animated Games Award nominiert sind.

„Through the darkest of Times“ gehört dazu, aber man findet auch weniger Ernstes – wenn auch nicht weniger Kunstvolles. „Unforeseen Incidents“ etwa von Backwoods Entertainment aus Heidelberg ist ein klassisches Point-and-Click-Abenteuerspiel: Hier legt sich eine neue Seuche übers Land, und man muss mit den Figuren herumsuchen, ob und wie die Weltrettung hinzubekommen wäre. Der Pfiff sind die tollen Zeichnungen, das Ganze ließe sich auch interaktiver Comic nennen.

Förderprogramm für Games

Noch interessanter als der kleine Überblick über originell gestaltete Spiele dürfte für viele der Bereich Local Heroes sein. Spielentwickler aus dem Südwesten, Studio Fitzbin, Chasing Carrots, Kaleidoscube und Studio Sterneck etwa, stellen sich und ihre Projekte vor. Manches kann man schon kaufen, auf der Spieleplattform Steam zum Beispiel.

Man schaut da nicht in einen skurrilen kleinen Bereich zwischen Kunst und Entertainment, sondern auf die Ränder einer globalen Megabranche. Rechtzeitig zum Festival hat die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg denn auch das neue Förderprogramm Games BW mit einem Fördertopf von 600 000 Euro angekündigt. Es startet am 1. Juli, Anträge können bereits eingereicht werden. Ein schönes Signal – und man wird bei den kommenden Trickfilmfestival-Ausgaben sehen, was es bewirkt und wie viel mehr Förderung die Szene verkraften könnte.