Der 27-jährige Leopold Sannwald ist ausgebildeter Rettungsassistent und studiert im vierten Semester Medizin in Tübingen. Er empfindet das Studium im Team als durchaus befriedigend.

Tübingen - Über das schlechte Wetter der letzten Wochen war ich schon froh. Denn wenn man die Natur nur aus dem Fenster der Bibliothek sieht, dann will man bei diesem Grau schon nicht raus. Ich bereite mich gerade vor aufs Physikum am Endes des vierten Semesters. Zwölf Stunden Lernen täglich sind schon heftig. Zuletzt sank meine Stimmung und die sozialen Kontakte haben im Prüfungsstress arg abgenommen. Donnerstag und Freitag sind schriftliche Prüfungen, zweimal von neun bis 13 Uhr. Die sind kein Zuckerschlecken. Aber danach kommt das Leben wieder.

 

Was mein Medizinstudium betrifft, da muss ich eine Lanze für Tübingen brechen. Es gibt da kein Rausprüfen. Wer mal drin ist im Studium, bei dem schaut man danach, dass er auch weiterkommt. Deswegen ist die Abbrecherquote bei uns sehr gering. Da erzählen mir die Mitbewohner der WG im Studentenwohnheim ganz andere Dinge. Die studieren andere Fächer und mussten sich von Professoren schon anhören, zwei aus Ihrem Trio schaffen das Studium nicht. Das wirkt sich auf die Stimmung aus. Die ist bei uns Medizinern gut.

Die Bücher sind dick, niemand kann alles wissen

Bei uns kommen im Wintersemester die 1,0-Studenten an die Uni. Im Sommersemester ist Platz für Leute wie mich, da haben vielleicht die Hälfte schon zuvor eine Ausbildung in irgendeinem Bereich rund um die Medizin abgeschlossen. Ältere Studenten bringen neuen Kommilitonen im Zuge von Tutorien vieles bei. Auch wie man Filtern kann, worauf es also ankommt. Denn die Bücher sind zu dick, da kann niemand alles wissen. Somit ist Tübingen ein Teamstudiengang.

Medizin macht mir unglaublich Spaß, ob als Zivi oder als Rettungsassistent. Bei meiner Ausbildung zum Rettungsassistenten hat man aber viele Fragen mit einem „das ist halt so“ beantwortet. Jetzt heißt es endlich, „warum ist das so?“. Ich will in die Tiefe gehen, dazu liegt mir die Arbeit mit den Patienten. Im medizinischen Bereich gibt es jeden Tag etwas Neues. Da liegt nicht am Morgen derselbe Aktenstapel vor einem wie am Abend zuvor. Zugegeben, dieselben Patienten sind es manchmal schon noch.

Arbeitszeiten und Arbeitsverhältnisse sind eher schwierig

Tja die Zukunft. 13 Fachsemester sind die Regelstudienzeit, weil viele ihre Doktorarbeit während des Studiums machen. Ich werde mich im nächsten Semester mal nach Themen umschauen. Eins ist klar, am liebsten würde ich in der Lehre bleiben. Und das geht an einem Universitätsklinikum halt am besten. Wobei ich schon weiß, dass Arbeitszeiten und Arbeitsverhältnisse nicht so prickelnd sind.

Auch von meinen Kommilitonen wollen die wenigsten weg. Kaum einer kümmert sich um eine amerikanische Approbation, um auch in den USA als Arzt arbeiten zu können. Und Landarzt auf der Schwäbischen Alb wollen auch nur ein oder zwei ländliche Typen werden, die auch sonst gerne auf dem Land leben. Aber wer weiß, nach zehn Jahren Klinikum ändert sich das vielleicht, wenn man seine Ruhe haben will. Aber der Trend zur Stadt samt der Schließungen kleiner Kliniken ist natürlich schlecht für die Landbevölkerung.

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