Ein neuer Bodenbelag soll die Aufenthaltsqualität erhöhen – nicht nur für Anwohner, sondern auch für Ausgehfreudige. Gastronomen freuen sich über eine Aufwertung des Quartiers, fürchten aber Verdienstausfälle wegen der Bauarbeiten.

S-Mitte - Der Bereich um den Hans-im-Glück-Brunnen bekommt einen neuen Bodenbelag. Dort findet sich der für die Innenstadt typische Mix aus Wohnraum, Einzelhandel, Büros und Gastronomie. Einzelhändler und Gastronomen, seit Monaten durch Coronaverordnungen arg gebeutelt, befürchten nun Umsatzeinbußen aufgrund von durch die Bauarbeiten erforderlichen Einschränkungen. „Wir freuen uns ja über neue Bodenplatten. Aber die Ungewissheit macht uns Sorgen“, sagt Yusuf Oksaz, dem unter anderem das Mrs. Jones am Platz gehört. Er wünscht sich von der Stadt Stuttgart Gründlichkeit bei der Planung und bestmögliche Transparenz.

 

Die Instandsetzung wird circa 500 000 Euro kosten

Über die Herausforderung ist man sich bei der Stadt im Klaren. Im Rahmen einer öffentlichen Bürgerinformation standen im großen Sitzungssaal des Rathauses kürzlich Vertreter der Stadt mehr als zwei Stunden Rede und Antwort. „Die anstehende Instandsetzung wird gut 500 000 Euro kosten“, sagt Astrid Kerler, Projektleiterin beim Tiefbauamt. Die Bauarbeiten sollen am 18. Oktober beginnen. Auf der Website der Stadt steht, die Fertigstellung sei für Mitte April 2022 geplant. „Der Zeitraum wurde bewusst gewählt. Damit werden die Bauarbeiten das Sommergeschäft auf den Außenflächen der Gastronomie so wenig wie möglich beeinträchtigen“, erklärte dazu Nils Runge, Nachtmanager der Stadt, bereits im Vorfeld der Informationsveranstaltung. Astrid Kerler gibt sich, was den Termin der Fertigstellung angeht, vorsichtiger: „Die Bauzeit ist nur bedingt planbar.“

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Die Bauarbeiten sind jedenfalls anspruchsvoll. Die neuen Platten haben eine Stärke von zwölf Zentimetern. Damit sind sie zwar deutlich haltbarer als die bisherigen mit lediglich vier Zentimetern Stärke. Unter den bisherigen Platten befindet sich aber ein Fundament aus Beton, das nun, möchte man das Niveau der Straße nicht erhöhen, zuerst einmal herausgemeißelt werden muss. Projektleiterin Kerler findet klare Worte: „Die Betonplatte zu entfernen, wird richtig laut und dreckig.“

Es wird von 7 Uhr morgens bis 20 Uhr abends gearbeitet

Und auch am Brunnen selbst gibt es zu tun. Der Einstieg zur sogenannten Brunnenstube ist nach heutigen Maßstäben zu eng. Und weil gelegentlich das Schmutzwasser aus dem angrenzenden Abwasserkanal bis in die Brunnenstube steigt, soll ein separater Schacht angelegt werden, der von der Brunnenstube durch einen Rückstauverschluss getrennt bleibt. Die Brunnenstube selbst soll erweitert werden. Hier bekommt fortan jeder Wasserspeier einen separaten Wasserhahn. Bereits vor zwei Jahren wurden in der Geiß- und in der Töpferstraße die Wasser- und die Stromleitungen erneuert.

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Klaus Hofmann, Leiter der zuständigen Bauabteilung der Stadt beteuert: „Wir versuchen, schnellstmöglich wieder weg zu sein. Das aber bedeutet, dass von morgens um 7 Uhr bis abends um 20 Uhr gearbeitet wird.“ Die Stadt wird also die zulässigen Bauzeiten voll ausnutzen. Um die Beeinträchtigungen für alle im Rahmen des Erträglichen zu halten, sollen die Arbeiten Abschnittsweise und so komprimiert wie möglich erfolgen. Eine gut durchdachte Fußgängerführung ist daher essenziell. Ortsansässige wie auch Besucher werden vorübergehend über Stege geleitet, mindestens 1,5 Meter breit und mit Kunstrasen ausgelegt. Punktuelle Sperrungen vor Eingängen wird die Bauleitung mit den Betroffenen direkt vor Ort abstimmen. Ohnehin muss die Zufahrt für Lieferanten, Müllabfuhr sowie Feuerwehr und Krankenwagen gewährleistet bleiben.

Verlegt wird eine dickere Version der sogenannten Stuttgarter Platte

Wer gehofft hatte, dass mit der Erneuerung des Bodenbelags eine optische Angleichung an den durchgehend hellen Bodenbelag kommt, der sich mittlerweile von der Eberhardstraße bis hinauf zur Kronprinzenstraße und von der Nadlerstraße bis hinüber zum Karlsplatz zieht, der dürfte enttäuscht sein. Verlegt wird eine dickere Version der sogenannten Stuttgarter Platte, jener mausgrauen Betonplatte, die sich fast überall auf den Bürgersteigen der innerstädtischen Wohngebiete finden.

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Astrid Kerler begründete die Entscheidung gegen den helleren Stein mit einem Veto des Amts für Denkmalschutz. Das kleine Viertel um den Hans-im-Glück-Brunnen hat Geschichte. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderts anstelle eines baulich verwahrlosten Teils der alten Kernstadt gebaut. Planung und Umsetzung gingen auf den Sozialreformer Eduard Pfeiffer zurück, der schon damals die Vision hatte, einen innerstädtischen Bereich zu schaffen, der Wohnen und Einkaufen verbindet. Ob Eduard Pfeiffer, würde er noch unter uns weilen, mit der Entscheidung für die Stuttgarter Platte glücklich wäre, weiß niemand. Immerhin: Lieferschwierigkeiten muss man mit den grauen Betonplatten kaum befürchten.

Infos zum Bauverlauf unter www.stuttgart-meine-stadt.de/hans-im-glueck