Wegen der eskalierenden Corona-Lage werden reihenweise Weihnachtsfeiern abgesagt. Bei manchem Wirt ist aus diesem Grund bereits wieder Kurzarbeit angesagt.

Echterdingen/Stuttgart - Dieses Facebook-Posting hat viele User von den Fildern betroffen gemacht. „Um ein Weiterbestehen der Gaststätte zum Ochsen gewährleisten zu können, führe ich ab dem 1. Dezember 2021 Kurzarbeit ein“, war im sozialen Netzwerk zu lesen. Mit dem Mittagstisch und der Öffnung am Sonnabend werde im Lokal in Aichtal ausgesetzt. Zu den Gründen machen die Wirte klare Angaben. Buchungsabsagen haben sie in Schieflage gebracht. „Wir hoffen, dass diese Maßnahmen dazu beitragen, die Stornierungen fast aller Weihnachtsfeiern und Veranstaltungen im Dezember zu kompensieren und die immer ruhigen Monate (Januar bis März) überwinden zu können.“

 

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Der Ochsen ist längst kein Einzelfall. Auch andere Wirte sind mit Stornierungen konfrontiert, mitunter im großen Stil. Im Wirtshaus zur Schwedenscheuer in Echterdingen etwa sei gerade heute eine Feier für 40 Leute gestrichen worden. Vor allem Firmen seien extrem zurückhaltend, 30 bis 40 Prozent der Zusammenkünfte seien da bereits abgesagt worden. „Bei den Privatfeiern geht es noch“, sagt der Inhaber Ulrich Binanzer. Mit dem Erheben von Stornogebühren tue er sich indes schwer. „Die kommen dann nicht mehr“, glaubt er. „Kulanz hoch zehn“ sei gefragt.

Rückgang beim Mittagstisch in der Garbe

Ähnlich läuft es derzeit in der Garbe in Plieningen. Auch dort hat es schon einige Absagen von Firmenfeiern gesetzt. Einen Rückgang beim Mittagstisch bemerkt der Restaurantleiter Paulo Glöckler ebenfalls. Die Leute seien zunehmend ängstlich. „Ich verstehe das alles“, sagt er. Gleichwohl müsse man in der Garbe schauen, wie man mit der Situation nun umgehe. Aktuell werde im Team diskutiert, „ob wir mehr nach außen gehen“ – etwa mit einem Christbaumverkauf, mit Punsch oder Snacks auf die Hand. Der stellvertretende Restaurantleiter Dominik Hehl zeigt große – und teure – Zelte im Freien. Eigentlich waren sie für Gesellschaften gedacht, nun sollen sie die normale Kundschaft anlocken. Auch Kurzarbeit ist laut Paulo Glöckler im Gespräch. Er betont: „Letztendlich muss man abwarten, was auf uns zukommt.“

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Beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga sieht man die Situation dramatisch. Der Sprecher Daniel Ohl zitiert eine aktuelle Umfrage, an der sich 2244 Mitglieder aus Baden-Württemberg beteiligt hätten. Demnach seien 91 Prozent von ihnen mit coronabedingten Stornierungen von Weihnachtsfeiern und 89 Prozent mit Absagen von Tagungen und anderen Veranstaltungen konfrontiert. Durchschnittlich 45 Prozent der Buchungen seien gestrichen. „Das ist der Stand 17. November, das sind jetzt natürlich noch mehr. Es hagelt Stornierungen und Absagen“, betont Daniel Ohl. Die Krux: Für das Gewerbe sei die Weihnachtszeit wirtschaftlich enorm wichtig. Traditionell aufgestellte Lokale – Speisen, Getränke, Nebenräume für Feiern – machten in der Zeit bis zu 30 Prozent des Jahresumsatzes. Es sei stark zu vermuten, dass nun mehr Anmeldungen zur Kurzarbeit blühten. Und nachgelagert treibe viele Gastronomen die Sorge um, wieder Personal zu verlieren. Daniel Ohl erklärt: In der Hochphase der Pandemie sei die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs im Gastgewerbe zwischenzeitlich um mehr als 20 000 auf 116 000 geschrumpft.

Stornierungswelle trifft nicht alle Wirte gleich hart

Nicht jeden Wirt trifft die aktuelle Stornierungswelle gleich hart. „Es geht noch“, sagt Enzo Carrano, der das Vaihinger Marktstüble mit seinem Vater betreibt. Das Lokal sei klein, es gebe also keine großen Veranstaltungen, die wegfallen könnten. Anders ist es bei Evelyn Kraft. Sie betreibt in Möhringen das Hotel Gloria mit dem Lokal Hexle, und ihr brechen in beiden Bereichen die Buchungen massenhaft weg. „Vor einer halben Stunde kam eine Stornierung für 30 Personen“, sagt sie. Konsequenz: Die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. „Ich bin sauer und frustriert. Die Politik diskutiert und diskutiert und kommt nicht weiter“, sagt sie.

Hoffen auf Privatleute

Wirte wie Evelyn Kraft hoffen nun auf Privatleute, die kommen. „Wir haben Tausende Euro in Luftfilter investiert“, betont sie. Das Personal werde trotz Impfungen mehrmals wöchentlich getestet, Gäste würden gewissenhaft kontrolliert und müssten neben dem Impfnachweis auch den Personalausweis vorlegen. „Wir achten wirklich auf alles“, stellt sie klar. Ulrich Binanzer aus Echterdingen wiederum glaubt, dass mehr Aufklärung nottut. „In Restaurants gilt ganz normal 2G, das wissen viele nicht“, sagt er. Der Dehoga-Sprecher Ohl appelliert derweil an die Politik. Überbrückungshilfen müssten dringend verlängert werden. Zudem müsse ein allgemeiner Lockdown unter allen Umständen vermieden werden. „Das wäre für uns fatal.“