Dieser Teil-Lockdown ist für den Betreiber der Pizzeria L’Artista in Plieningen anders. Die Leute holen deutlich weniger Speisen ab als noch im Frühjahr. Andere Gastronomen machen ähnliche Erfahrungen.

Plieningen - Pizzaschachteln, überall nur Pizzaschachteln. Wo im Restaurant L’Artista normalerweise Menschen sitzen und ihr Abendessen genießen, türmen sich die To-go-Boxen. Nico Zingariello, Inhaber des Lokals im Zentrum von Stuttgart-Plieningen, hat coronabedingt auf den Mitnahme-Betrieb umgestellt. Der 25-Jährige kennt das schon. Bereits im Frühjahr durften seine Gäste nur Speisen für daheim mitnehmen. Dennoch sagt er: Im Vergleich zum ersten Lockdown ist etwas anders.

 

„Es kommen weniger Leute zum Abholen. Extrem viel weniger“, sagt Nico Zingariello. Habe er in der ersten Lockdown-Phase noch bis zu 250 Pizzen pro Tag gebacken, seien es jetzt teilweise nur 40 bis 50 pro Tag, und das an den Wochenenden. „Das hätte ich auch nicht gedacht“, sagt er, dabei sei das Geschäft bis Anfang des Monats „extrem gut“ gelaufen.

Woran der bemerkenswerte Schwund liegt, der junge Wirt, dessen familiäre Wurzeln in Neapel liegen, kann nur mutmaßen. Vielleicht seien manche Leute schon so lang in Kurzarbeit, dass das Geld allmählich knapp werde, vielleicht seien viele coronamüde. „Beim ersten Lockdown war auch mehr Zusammenhalt unter den Gastronomen da“, man habe sich untereinander mit Bestellungen unterstützt.

Speisen werden weniger abgeholt

Während beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga bislang keine Meldungen eingegangen sind, wonach Umsätze im aktuellen Lockdown signifikant gesunken sind, bestätigen Wirte auf Nachfrage durchaus, dass weniger Abholwillige kommen als vor einem halben Jahr. Bei Namaste India in Dürrlewang etwa läuft der Lieferservice zwar normal, beim Abholen jedoch ist es „nicht mehr, wie es früher war“, heißt es am Telefon. Konstantin Kraft vom „Möhringer Hexle“ bietet zwar weder Abhol- noch Lieferservice an, aber er kennt Gastronomen, die einen To-go-Einbruch beklagen. „Man rennt den Leuten mehr hinterher“, hat er erfahren.

Er betreibt auch das Hotel Gloria, und bei den Businessgästen bemerke er ebenfalls eine große Zurückhaltung in puncto Bewirtung. Valentina Giordano, deren Eltern das Da Franco in Bonlanden führen, hat eine Theorie, warum das Abhol-Aufkommen eingebrochen ist: Die Konkurrenz sei größer als noch im Frühjahr. „Im März hatten hier vielleicht zwei Lokale offen, jetzt haben alle geöffnet.“

Cataldo Diletto aus der Pizzeria Goldäcker in Echterdingen wiederum glaubt: „Die Leute haben Angst.“ Auch das Wetter trage nicht dazu bei, dass Hungrige abends noch mal losziehen. Er spricht von „dramatischen“ Einbrüchen.

Abends bleibt häufig Pizzateig übrig

Bei L’Artista in Plieningen bleiben aktuell abends häufig Teigkugeln übrig; Frischware, die sich schlecht aufheben lässt. „Bevor ich es wegschmeiße, mache ich anderen eine Freude“, sagt Nico Zingariello – und macht aus der Not eine Tugend. Mit seinem Kumpel Deniz Haligür (25) verteilt er Pizzen zum einen an Krankenhauspersonal, zum anderen an Obdachlose. Am Freitag seien die beiden nach Ladenschluss mit knapp 50 Pizzen und Getränken im Auto losgezogen und hätten sie in Ruit, in Esslingen und Stuttgart an Pflegepersonal in der Nachtschicht ausgegeben, außerdem an Bedürftige am Stuttgarter Hauptbahnhof. Etliche Fotos und Videos zeigen sie vor Kliniken und mit medizinischem Fachpersonal. Freudige Abnehmer habe das Duo unter anderem über einen Instagram-Aufruf gefunden, „sehr viele haben sich dort gemeldet“, sagt Nico Zingariello.

Mit ihrem Engagement wollen die beiden Freunde nach eigenen Angaben andere inspirieren. „Die Nächstenliebe fehlt aktuell, der Zusammenhalt“, findet Deniz Haligür. Nico Zigariello hat schon mehrfach Pizza gespendet, beispielsweise in der Vorweihnachtszeit an karitative Einrichtungen. Er sagt: „Ich glaube an Karma. Wenn man etwas Gutes tut, kommt Gutes zurück.“