Der Dehoga-Chef des Rems-Murr-Kreises, Michael Matzke, gibt Einblicke, wie die Wirte die Wiederöffnung organisieren. Er hofft auf stabile Inzidenzen und eine ordentliche Nachfrage der Gäste.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Fellbach - Die Gastronomiebranche hat unter dem Lockdown schwer gelitten, nun zeichnet sich ab, dass die Wirte endlich wieder ihre Gäste unter Coronaauflagen empfangen dürfen. Dehoga-Kreischef Michael Matzke spricht auch über Hürden bei der Wiederöffnung wie den Fachkräftemangel, der sich durch die Pandemie verschärft hat.

 

Herr Matzke, die Inzidenz im Rems-Murr-Kreis scheint sich unter 100 zu stabilisieren. Ist das ein Lichtblick für die Gastronomiebranche?

Auf jeden Fall. Nach fast sieben Monaten Lockdown ist das ein Hoffnungszeichen, dass es hoffentlich dauerhaft für unsere Branche wieder losgehen kann. Wir sehen das, wie die Landesregierung auch, als ersten Schritt in Richtung Normalität. Und wir hoffen, dass bei anhaltend rückläufigen Inzidenzwerten schnell weitere Lockerungen und Erleichterungen folgen, die es den Betrieben dann auch wieder leichter machen, wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten.

Was braucht es, damit der Re-Start des Gastgewerbes klappt?

Es braucht eine ordentliche Gäste-Nachfrage, und es braucht Mitarbeiter. Aber die erste Voraussetzung sind natürlich Inzidenzwerte, die dauerhaft stabil unter 100 bleiben, denn bei Überschreiten der 100er-Grenze an drei aufeinanderfolgenden Tagen greift wieder die Bundesnotbremse. Dann müssten unsere Betriebe wieder schließen, und das wäre ein wirtschaftliches Desaster.

Durch den langen Lockdown sind Fachkräfte in andere Branchen abgewandert. Wie stark hat sich der Fachkräftemangel in der Gastrobranche verschärft?

Wie stark sich der Fachkräftemangel verschärft hat, kann ich derzeit nicht in Zahlen ausdrücken. Sicher ist aber: Fachkräfte auszubilden und sie in der Branche zu halten ist eine der wichtigsten Herausforderungen für unsere Branche in den nächsten Jahren. Ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht im Gastgewerbe nichts.

Ende Juni 2019 gab es noch 137 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Gastgewerbe im Südwesten. Zwölf Monate später waren es bereits 10 000 Beschäftigte weniger. Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen?

Die Ursachen sind leicht erklärt: wirtschaftliche Einbußen in der Kurzarbeit, Unsicherheit darüber, ob der Arbeitgeber die Krise wirtschaftlich übersteht und nicht zuletzt auch Abwerbungen aus anderen Branchen. Fachkräfte aus Gastronomie und Hotellerie sind mit ihren vielfältigen Qualifikationen und ihrer hohen Sozialkompetenz auch in anderen Wirtschaftsbereichen gefragt.

Gibt es Zahlen für den Rems-Murr-Kreis, die die Problematik aufzeigen?

Ende Juni 2019 gab es bei uns im Gastgewerbe des Rems-Murr-Kreises 3497 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, ein Jahr später noch 3196.

Erhalten Sie viele Anfragen von Gastronomen angesichts der laufenden Änderungen der Coronavorgaben?

Ja, es gibt Anfragen zur Umsetzung der Corona-Verordnung. Die meisten gehen direkt an unseren Dehoga-Landesverband, der im Übrigen online umfassend und aktuell informiert. Unter www.dehogabw.de/coronavo finden Gastronomen FAQs, also Antworten auf die wichtigsten Fragen, die sich jetzt stellen.

Welche Forderungen stellen Sie an die Politik?

Wir begrüßen, dass das Land Öffnungsperspektiven schafft und dabei im ersten Schritt weiter geht als andere Länder. Die Möglichkeit zur Öffnung von Innenbereichen der Gastronomie schon im ersten Schritt ist ein klar positives Signal in unsere Richtung, das es so in keinem anderen Bundesland gab, und das vielen Betrieben hilft. Jetzt gilt es, das Bestmögliche daraus zu machen und bei hoffentlich weiter sinkenden Inzidenzzahlen schnell weitere Lockerungen zu ermöglichen.

Wie wird der Sommer aus Ihrer persönlichen Sicht für die Gastronomen?

Das hängt von der Infektionsentwicklung ab. Die Bundesnotbremse bei Inzidenz über 100 ist für uns ein Damokles-Schwert, mit dem alles steht und fällt. Wenn die Entwicklung der Zahlen sich aber nach unten fortsetzt wie zuletzt und dann auch weitere Lockerungen möglich sind, bin ich zuversichtlich: Sehr viele Menschen freuen sich darauf, wieder in die Gastronomie gehen zu können. Die Gäste-Nachfrage sollte also stimmen.