Nach dem langen Lockdown bleiben die Stuttgarter Restaurants lieber im Geschäft: Die meisten haben im August nur zwei Wochen geschlossen – wenn überhaupt. Schließlich weiß keiner, ob im Herbst wieder Schluss ist.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Stuttgart - Gero Schweizer will jetzt Gas geben – und nicht wieder auf die Bremse treten. Der Inhaber vom Restaurant Schweizers verzichtet diesen Sommer auf die Ferien. „Wir hatten lange genug zu“, sagt er über den langen Lockdown. Andere Kollegen schließen trotzdem im August, weil ihre Mitarbeiter und sie selbst einen Urlaub verdient haben. „Die Coronazeit war keine Auszeit für den Kopf“, erklärt Uta Wagner vom Ochsen in Uhlbach die zweiwöchige Pause des Lokals vom 15. August an. Ganz im Gegenteil. Sie und ihre Schwester Elke kehren dieses Jahr trotzdem eine Woche früher als üblich an ihren Arbeitsplatz zurück. So handhaben es einige andere Kollegen auch. „Man weiß nicht, was der Herbst bringt“, sagt Uta Wagner.

 

August war schon immer die ideale Ferienzeit

Der August war als heißester und ruhigster Monat schon immer die ideale Ferienzeit für die Gastronomie. Wie seit zehn Jahren hat das Gourmetrestaurant vom Hotel Zauberlehrling diese Woche und bis 23. August geschlossen. „Wir hätten gerne offen“, sagt Valentin Heldmann, der Sohn des Inhabers Axel Heldmann. Nach sieben Monaten im Lockdown hätte sich jeder gefreut, dass er wieder arbeiten kann und darf. Aber die Mitarbeiter hätten einen Anspruch auf Urlaub, und im Winter zu schließen, sei für den Zauberlehrling keine Option. Wie jeder andere Gastronom auch würden sich sein Vater und er Sorgen machen, was der Herbst bringen wird. „Wenn wieder Tests und Impfnachweise gefordert sind, ist es für uns ein Genickbruch“, sagt er.

Frankreich fällt dieses Jahr aus

Im Ochsen in Uhlbach bleibt der Herd nur zwei Wochen lang kalt. Ihre Mitarbeiter würde die Ferien nutzen, um nach eineinhalb Jahren mal wieder in ihre Heimat zu reisen, berichtet Uta Wagner. „Man braucht Zeit, um Durchzuschnaufen“, sagt sie. Was sie selbst macht, weiß sie noch nicht: Normalerweise wäre Frankreich ihr Ziel, doch die hohen Inzidenzwerte dort, halten sie ab. Eine Ansteckung mit dem Coronavirus könne sie sich mit ihrem Betrieb nicht leisten. Schon im vergangenen Sommer verkürzte sie die Schließzeit auf zwei Wochen und lag am Ende mit der Strategie richtig.

Bei frischen Produkten braucht es Planungssicherheit

Gero Schweizer hat sich mit der Öffnung nach dem Lockdown Zeit gelassen. Er wollte sicher gehen und fing erst vor rund drei Wochen wieder mit dem Kochen an. „Ständig neu anzufangen, ist sehr anstrengend“, erklärt er sein Zögern. Da er mit vielen frischen Produkten arbeitet, braucht er Planungssicherheit. Jetzt wollen er und sein Team, zu dem neuerdings Ralf Pinzenscham, früher Maître und Sommelier vom Top Air, gehört, durchgängig die Gäste glücklich machen. Normalität wünscht sich Gero Schweizer, er möchte „wieder da hinkommen, wo man mal war“. Ob sich der Verzicht auf die Ferien lohnen wird, kann er noch nicht abschätzen. „So ein Sommer wie letztes Jahr wird es nicht“, weiß er, „da war das Wetter perfekt und alle waren da.“

Gerade geöffnet, gleich wieder zu

Bernd Kreis hat den August von Anfang an abgeschrieben. Der Weinhändler, der am 9. Juli die Weinbar High Fidelity eröffnet hat, hatte geplant, in dem Monat künftig immer das ganze Team in die Ferien zu schicken. „Es ist der ideale Monat, um Ferien zu machen, und Ferien muss man einfach machen“, sagt er. Sein Lokal hat keine Außenplätze, und die Gäste sind im Urlaub, lautet seine Argumentation. Dieses Jahr passt er die Pläne allerdings den Umständen an, schließlich hat er erst am 9. Juli das Lokal eröffnet. Dennoch hätten die Mitarbeiter kein Verständnis dafür, wenn der Urlaub gestrichen werden würde. „Auch der Wirt muss sich leistungsfähig halten“, sagt er. Außerdem will er die Pause von 14. August bis 2. September nutzen, um mehr Personal zu finden. Bislang war das High Fidelity jeden Abend ausgebucht. „Wir müssen bremsen, weil wir in der Küche unterbesetzt sind“, berichtet Bernd Kreis. Da er optimale Qualität bieten will, hat er deshalb schon Gäste weggeschickt.