Das Waldheim Heslach steht seit Anfang Januar leer. Am 9. Mai hat das Naturfreundehaus am Büsnauer Rain zum vorerst letzten Mal geöffnet. Für beide Restaurants werden neue Betreiber gesucht – doch die sind schwer zu finden.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Es ist ein Wochentag, kurz vor 14 Uhr. Das Mittagsgeschäft ist eigentlich schon vorbei, und dennoch sind im Naturfreundehaus noch viele der Tische besetzt. Monika Münzenmayer sitzt ganz vorne, sozusagen an ihrem Stammtisch. Sie gönnt sich eine kurze Pause, eine gefüllte Paprikaschote mit Tomatensoße und Reis. Ihr Mann steht hinter dem Tresen, wo die Gäste bestellen und zahlen.

 

20 Jahre lang war die Gaststube des Naturfreundehauses das Wohnzimmer der Münzenmayers. Als das junge Paar dort als Pächter antrat, waren beide gerade einmal Mitte 30, sie hatten zwei kleine Kinder im Alter von acht und elf Jahren. „Es war ein Sprung ins kalte Wasser. Aber manchmal im Leben muss man eben auch mutig sein“, sagt Monika Münzenmayer und lächelt. Sie selbst hatte zuvor im Waldheim Heslach gearbeitet und schon viel Erfahrung in der Gastronomie gesammelt. Doch ihr Mann war als gelernter Stuckateur und Bürokaufmann auf diesem Gebiet ein Neuling. Die Familie blieb in Wangen wohnen. „Wir wollten keine Wirtschaftskinder haben, die bei uns im Restaurant die Hausaufgaben machen“, sagt Münzenmayer. Die Oma übernahm häufig die Kinderbetreuung am Nachmittag, und auch die beiden Opas haben unterstützt, wo sie konnten. „Alle haben an einem Strang gezogen. Sonst wäre es nicht gegangen“, sagt Monika Münzenmayer.

Naturfreundehaus war auch das Vereinsheim der Waldhexen

„Wir hätten damals nie gedacht, dass die Münzenmayers so lange bleiben würden“, erinnert sich Willibald Beul. Der Vorsitzende der Naturfreunde ergänzt: „Es war ein absoluter Glücksgriff.“ Vor den Münzenmayers habe man einige Pächterwechsel gehabt. Viele seien nur kurze Zeit geblieben, die Qualität der Küche sei teils mäßig gewesen. Das habe dem Verein geschadet. Zu den Naturfreunden könne man nicht gehen, habe es geheißen. Mit den Münzenmayers sei das anders geworden. Seitdem sei das Haus immer voll gewesen. Viele Feste, Hochzeiten und Weihnachtsfeiern seien dort gefeiert worden. Es war nicht nur das Vereinsheim der Naturfreunde, sondern auch das der Rohrer Waldhexen, deren Zunftmeisterin Münzenmayer mittlerweile ist. Und auch viele andere Gruppen haben sich dort regelmäßig getroffen

„Wir haben das immer gern gemacht“, sagt Monika Münzenmayer. Doch es sei Kräfte zehrend gewesen. „Mein Mann und ich haben jede Woche 70 bis 80 Stunden gearbeitet. An allen Wochenenden und Feiertagen sind wir hier gewesen. Jetzt machen wir Schluss. Es ist alles so anstrengend geworden“, sagt die Gastronomin. Der Pachtvertrag mit den Naturfreunden laufe Ende Mai aus. „Wir haben nicht mehr verlängert.“

Zu jung, um sich zur Ruhe zu setzen

Das Paar will sich eine Auszeit gönnen. „Im Juni machen wir erst einmal eine Tour mit dem Motorrad“, sagt Monika Münzenmayer. Wohin, das ist noch unklar, wie so vieles. Mit 53 und 54 Jahren sind die Münzenmayers noch zu jung, um sich zur Ruhe zu setzen. „Aber da wird sich schon was finden“, ist sich Monika Münzenmayer sicher.

Die Entscheidung, den Pachtvertrag nicht mehr zu verlängern, sei ihr und ihrem Mann nicht leicht gefallen. „Doch nun steht unser Entschluss fest“, betont die Gastronomin und ergänzt: „Auch wenn es viele Gäste noch nicht wahr haben wollen. Manche wollten sogar eine Unterschriftensammlung machen, damit wir bleiben.“ Als sie das sagt, rückt Monika Münzenmayer verlegen das in Servietten eingewickelte Besteck in dem kleinen Korb auf dem Tisch zurecht. „Viele unserer Gäste sind zu guten Freunden geworden“, sagt sie und muss heftig blinzeln, und dann entschuldigt sie sich und springt vom Tisch auf.

Willibald Beul nimmt den Faden auf. „Dass die Münzenmayers so lange hier waren hat uns viel bedeutet“, sagt er. Dank der verlässlichen Pachteinnahmen habe der Verein Planungssicherheit gehabt und viele Instandsetzungsarbeiten finanzieren können. Und auch menschlich habe es einfach gepasst. Nun brauchen die Naturfreunde einen neuen Pächter – der am besten für die nächsten 20 Jahre bleibt.

Das Waldheim Heslach ist derzeit geschlossen

Die Situation ist ganz ähnlich: Lange Zeit war Roland Droese der Pächter des Heslacher Waldheims. Er machte das Gelände am Dachswaldweg 180 zu einem beliebten Treffpunkt, insbesondere im Sommer. Bekannt war dieser vor allem für seine von Roland Droese selbst kredenzten Maultaschen.

Doch nach 23 Jahren hat er nun einen Schlussstrich gezogen. „Wir hatten immer ein gutes Verhältnis zueinander und hätten gern weitergemacht. Aber Herr Dröse wollte aus Altersgründen aufhören“, sagt Udo Lutz. Er ist der Vorsitzende des Fördervereins Waldheim Heslach.

Dieser will nun die Zeit nutzen, um das Waldheim im Dachswald zu modernisieren. Die Küche inklusive der Essensausgabe werden erneuert. Hintergrund ist, dass die Gäste, wenn das Waldheim gut besucht war, oft sehr lange auf ihre bestellte Mahlzeit warten mussten. „Bis zu 45 Minuten, das ist natürlich völlig inakzeptabel“, sagt Lutz. Bis Mitte April sollen die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein. Der Waldheimverein Heslach investiert einen mittleren sechsstelligen Betrag.

Am 1. Mai soll das Waldheim wieder eröffnen. „Wir arbeiten auf den Termin hin“, sagt Lutz. Was dem Verein aber noch fehlt, ist ein neuer Pächter. „Wichtig ist uns, dass dieser eine heimelige Atmosphäre schafft und auch ein Konzept für den Winter anbietet“, sagt Lutz. In jedem Fall würde der neue Pächter an eine lange Tradition anknüpfen. Denn das Waldheim Heslach eröffnete am 1. Mai 1908 zunächst als einfache Bierhalle auf einer großen Wiese. Ausgangspunkt war, dass die Sozialdemokraten Anfang des 19. Jahrhunderts ärmeren Arbeitern in Heslach die Möglichkeit geben wollten, Zeit im Grünen zu verbringen, um sich dort zu erholen.