Noch nie in den letzten 50 Jahren ist die Bevölkerungszahl in Stuttgart im ersten Halbjahr derart gewachsen. 27,1 Prozent der Einwohner haben keinen deutschen Pass.

Die Bevölkerungszahl in der Landeshauptstadt hat im ersten Halbjahr 2022 einen bemerkenswerten Sprung nach oben gemacht. „Sie stieg so stark wie niemals zuvor in einer ersten Jahreshälfte der vergangenen 50 Jahre“, erklärt Matthias Fatke, der Leiter des Statistischen Amts der Stadt, bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz. Die Ursache: „Der Anstieg ist auf die Zuwanderung von geflüchteten Menschen aus der Ukraine zurückzuführen“, sagt Fatke.

 

Allein im März und April kamen 6000

Der Wanderungssaldo von Ukrainerinnen und Ukrainern betrug plus 6 500 Menschen, darunter allein 6000 im März und April. Zuvor war der Saldo von Personen mit ukrainischem Pass zumeist ausgeglichen. Die Flucht vieler Menschen vor dem Krieg in ihrem Heimatland hat zu einem Anstieg der Einwohnerzahl geführt. „Ohne die außergewöhnliche Entwicklung wäre sie weiter zurückgegangen“, so Attina Mäding, die Leiterin des Sachgebiets Bevölkerung und Bildung im Statistikamt. Zum Vergleich: Stuttgart Partnerstadt Brünn (400 000 Einwohner) hat 18 000 Geflüchtete aufgenommen.

Neuer Stand: 609 560 Einwohner

Am 30. Juni waren damit 609 560 Einwohnerinnen und Einwohner mit Hauptwohnung in Stuttgart gemeldet, 5847 Personen mehr als zum Jahresende 2021. Insgesamt kamen 8670 Menschen mehr aus dem Ausland nach Stuttgart, als dorthin wegzogen. 2021 hatte der Auslandssaldo bis Ende Juni mit 290 im Minus gelegen. Nach wie vor im Minus ist allerdings der Wanderungssaldo mit den anderen deutschen Bundesländern, und das schon seit dem ersten Halbjahr 2020. Bis Juni 2022 lag er bei minus 840 Personen.

Zurück ging die Abwanderung in die umliegenden Landkreise. 2021 gab es hier einen Minusrekord, im ersten Halbjahr mit 3040 Menschen. Nun liegt das Minus bei 2110 Personen. Aus anderen Landesteilen außerhalb der Region gewann Stuttgart 420 Menschen hinzu. Die Zuwächse sind zwar in den vergangenen Jahren rückläufig, Bevölkerung an diese Landesteile hatte Stuttgart aber nur im ersten Halbjahr 2021 verloren (minus 810).

27,1 Prozent ohne deutschen Pass

Am 30. Juni hatten 165 132 Stuttgarter keinen deutschen Pass. Ihr Anteil betrug 27,1 Prozent, Mitte 2020 waren es 25,6 Prozent. Im ersten Halbjahr 2022 stieg er um 1,1 Prozent. Im Saldo erhielten 984 die deutsche Staatsbürgerschaft (2021: Saldo plus 1067). Beim Blick auf die natürliche Bevölkerungsentwicklung stellen die Statistiker fest, dass es im ersten Halbjahr 138 mehr Sterbefälle (3025) als Geburten (2887) gab. 2021 war der Saldo mit 348 positiv.

In der ersten Jahreshälfte hat mit Abstand am stärksten die Bevölkerungszahl im Norden (3,3 Prozent) zugenommen, danach folgt Möhringen (plus 2,5 Prozent). Im Verhältnis zu seiner Größe wuchs auch Münster relativ stark (plus 2 Prozent). Dieser Anstieg hängt vor allem mit den dortigen größeren Unterkünften für geflüchtete Menschen zusammen. Insgesamt ist die Zahl der Einwohner in städtischen Unterkünften für Geflüchteten von Ende Dezember bis Ende Juni um mehr als 3000 gestiegen.