Die neue Kuratorin der Sammlung Klein, Valeria Waibel, bemüht sich um geistige Barrierefreiheit. Im Kunstwerk Nußdorf lädt sie Besucher ein, gemeinsam mit ihr die Bilder zu bewundern.

Nußdorf - Als die Kunsthistorikerin Valeria Waibel in Nußdorf angekommen ist, hat sie zuerst mal eine Wand einreißen lassen. Bislang waren die Büroräume im Eingangsbereich des Kunstwerk Klein vom Ausstellungsbereich abgetrennt. Jetzt ist dort alles offen. Wer eintritt, kann also nicht umhin, auf die neue Kuratorin der Sammlung Klein zu treffen. „Mir ist der Kontakt zu den Besuchern wichtig“, sagt Valeria Waibel. Gerne sei sie bereit, sich mit anderen Betrachtern vor ein Bild zu stellen und gemeinsam darüber zu reflektieren, was es hier zu sehen gibt.

 

Valeria Waibel ist neu in Nußdorf. Die ehemalige Geschäftsführerin des Künstlerbundes Baden-Württemberg befasst sich also logischerweise mit einem Thema, das sie gleich in den Mittelpunkt ihrer ersten Ausstellung gestellt hat: Ankommen. Dabei hat sie einen völlig neuen Zugang zu den rund 1750 Arbeiten im Magazin des Unternehmers und Kunstfreundes Peter Klein. Ihre Vorgängerin Brigitte Wetter hat die Sammlung entscheidend mitgeprägt. Dem entsprechend stellte sie bei ihren Ausstellungen stets bestimmte Teilbereiche des großen Ganzen vor.

„Ich habe die Sammlung nicht wachsen sehen“

Valeria Waibel macht es andersherum. Sie will stets das große Ganze unter einem ganz bestimmten Aspekt, einem künstlerischen Motto darstellen. „Ich habe das Ganze nicht wachsen sehen, also habe ich einen anderen Blick darauf“, sagt sie. Dem entsprechend vielseitig, vielstimmig, stets überraschend ist ihr Erstling, „Ankommen“ geraten. Da gibt es zunächst augenfällige Ansätze zum Thema, wie etwa Katrin Ströbels großräumige Just-in-Space-Installation, die den Betrachter mittels quadratischer Papiere nebst einem Ventilator in tropischen Gefilden ankommen lässt. Doch das 2,80 Meter hohe Werk hat bei allem Südsee-Feeling einen doppelten Boden: es stellt die Ile de Gorée dar – einst ein großer Umschlagplatz für den florierenden Sklavenhandel mit den USA.

Eher plakativ geht es gleich nebenan weiter. Den prominentesten Platz im Kunstwerk hat die Kuratorin dem Österreicher Gottfried Helnwein zukommen lassen. Überlebensgroß blickt da ein kleiner, nackter Bub mit leichtem Silberblick in die Welt, er sitzt auf dem Schoß einer zuckersüßen blonden Frau. Die „Epiphany“, also die Ankunft der Heiligen Drei Könige, wird hier in die nazideutsche Vergangenheit versetzt. Statt Kaspar, Melchior und Balthasar scharen sich hier uniformierte NS-Offiziere in verzückt-freudiger Erwartung um das Kindlein: diese Ankunft ist ein Horrorszenario.

Notizen einer Landschaft

Doch es sind auch die zarten, leisen Töne, die einen Ausflug nach Eberdingen Wert sind. Der „Windhauch“ von Miwa Ogasawara etwa wirkt wie ein Haiku in Öl auf Leinwand. Ein überdimensionales Fenster öffnet den Blick ins Nichts – blinde Fensterscheiben des Nachbargebäudes werfen den Blick des Betrachters auf sich selbst zurück. Nur am unteren Bildrand wird eine zarte Bewegung angedeutet. Der leicht gekrümmte Bogen einer Gardine deutet den Wind an.

Noch radikaler reduziert sind die Bleistiftarbeiten von Beate Terfloth. „Pantelleria“ 1-3 heißen drei Werke, die sich der Schönheit einer Insel widmen: sparsame Striche, Notizen einer Landschaft. Die zunächst unauffälligen Bilder haben Peter Klein und seine Kuratorin unlängst auf einer Kunstmesse spontan angesprochen. „Man müsste diese Linien fast singen“, sagt Valeria Waibel. Allerdings wolle sie die Besucher nicht unnötig erschrecken.