Die Furcht vor einer Eskalation der Spannungen zwischen den USA und Iran wächst. Gleichzeitig stimmen die großen Notenbanken die Märkte auf neue Zinssenkungen ein. Die Aussicht auf eine Geldentwertung lässt Gold in neuem Glanz erstrahlen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Der Goldpreis hat erstmals seit September 2013 die Marke von 1400 Dollar übersprungen. Eine Feinunze (31,1 Gramm) kostete am frühen Freitagmorgen im asiatischen Handel bis zu 1411 Dollar. In Euro gerechnet wurde mit 1248 Euro zeitweise der höchste Preis seit April 2013 erreicht.

 

Einen Schub bekam die Nachfrage nach dem Edelmetall durch die Furcht vor einer militärischen Auseinandersetzung zwischen den USA und Iran: Laut US-Medienberichten hatte Präsident Donald Trump in der Nacht zu Freitag Angriffe auf iranische Raketen- und Radarstellen angeordnet, blies sie aber in letzter Minute wieder ab. Schreckensnachrichten wie diese treiben häufig den Goldpreis, weil das Edelmetall in Krisenzeiten als sicherer Hafen gilt.

Eingesetzt hatte der jüngste Höhenflug allerdings bereits am Mittwochabend, kurz nach Veröffentlichung des Zinsentscheids der US-Notenbank Federal Reserve. Sie deutete nach jahrelangen Zinserhöhungen eine Kehrtwende an. „Je niedriger die Zinsen, und je lockerer die Geldpolitik, desto höher ist die Gefahr einer Geldentwertung“, sagte dazu Daniel Briesemann, Rohstoff-Analyst bei der Commerzbank. Die Aussicht darauf erhöhe die Nachfrage nach Gold, weil steigende Inflationsraten dem Wert des Edelmetalls nichts anhaben können.

Ähnlich äußerte sich Bernd Meyer, Chef-Anlagestratege der Berenberg Bank: „Beim Gold geht es um den realen Erhalt der Kaufkraft. Die Goldmenge, die ein Soldat im römischen Kaiserreich erhielt, entspricht in heutigen Preisen etwa dem Sold eines US-Offiziers.“

Die Schwächung des Dollars stützt den Goldpreis

Die Aussagen der Fed beeinflussten den Goldpreis noch über einen zweiten Kanal: Weil sinkende Leitzinsen in den USA die Attraktivität des Dollars als Anlagewährung schmälern, verlor der Greenback ab Mittwochabend gegenüber dem Euro leicht an Wert. Da Gold überwiegend in der US-Währung gehandelt wird, macht ein schwacher Dollar das Edelmetall für Anleger aus anderen Währungsräumen billiger – auch das steigert die Nachfrage. „Die Dollar-Stärke läuft aus, und die Realzinsen sinken, das sind die wesentlichen Treiber“, sagte Meyer.

Bereits im ersten Quartal dieses Jahres registrierte der World Gold Council, eine Vereinigung großer Minenbesitzer, ein wachsendes Interesse von Anlegern. Hinzu kamen große Goldkäufe mehrerer Zentralbanken: Allein die russische Notenbank erwarb laut World Gold Council zu Jahresbeginn rund 55 Tonnen. Moskau ist wegen der US-Sanktionen gegen Russland bemüht, einen Teil seiner bislang in Dollar gehaltenen Notenbankreserven in andere Währungen oder eben Gold umzuschichten. Aber auch die Notenbanken anderer Schwellenländer schlugen zu, unter dem Strich erwarben sie im ersten Quartal rund 145 Tonnen des Edelmetalls, rechnet der World Gold Council vor.

Für Anleger stellt sich nun die Frage, ob ein Einstieg auf dem aktuellen Preisniveau noch lohnt. „Kurzfristig sieht Gold ein bisschen überkauft aus“, meint Meyer. Auf mittlere Sicht werde der Preis aber vermutlich weiter steigen: „Die politischen Unsicherheiten bleiben hoch.“ Neben den Spannungen in der Golfregion verweist Meyer auch auf den Handelskrieg und die Kritik von US-Präsident Trump an der Europäischen Zentralbank (EZB).

Trump hatte EZB-Präsident Mario Draghi Anfang der Woche vorgeworfen, er versuche mit seiner Niedrigzinspolitik den Euro zu drücken – zu Lasten der US-Wirtschaft. Nur einen Tag später deutete die Fed ihrerseits Zinssenkungen an. Auch wenn sich dieser Kurswechsel schon länger abzeichnete, hält Meyer nach der Intervention des US-Präsidenten die Marktbefürchtung eines Abwertungswettlaufs nicht mehr für ausgeschlossen – und auch dieses Szenario stütze den Goldpreis. „Wenn Währungen und sichere Staatsanleihen ein Problem haben, dann gehen Investoren in reale Vermögenswerte wie eben Gold, das zeigte sich schon während der Staatsschuldenkrise in der Eurozone.“