Seit eineinhalb Jahren gelten neue Regeln für den Kauf von Aktien, Fonds und bestimmten Versicherungen. Aus der Finanzbranche hagelt es Kritik, eine Mehrheit der Kunden ist laut einer neuen Umfrage dagegen zufrieden – doch ein Teil fühlt sich bevormundet.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Verbraucherschutz oder Gängelung? Seit 2018 neue Regeln für den Verkauf von Finanzprodukten eingeführt wurden, tobt ein heftiger Streit über deren Nutzen. Die meisten Anleger indes sind laut einer Umfrage der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ganz zufrieden. Die neuen Kosten- und Produktinformationen wurden von einer Mehrheit positiv bewertet.

 

Auf die Aufzeichnung von Telefongesprächen zwischen Bankkunden und Beratern würde zwar die Hälfte der Befragten gern verzichten, die Vertraulichkeit hält aber nur ein Fünftel für gefährdet. Gleichzeitig gaben 60 Prozent der Befragten an, an ihrem Anlageverhalten habe sich durch die neuen Regeln nichts geändert. Die Ergebnisse der Bafin-Umfrage widersprechen einer früheren Erhebung der Deutschen Kreditwirtschaft (DK), der zufolge der Aufwand für Beratung und Dokumentation die Kunden abschreckt.

Ein Grund für die widersprüchlichen Ergebnisse könnte in der Erhebungsmethode liegen: Für die Bafin-Umfrage wählte das Meinungsforschungsinstitut Forsa aus einer repräsentativen Stichprobe von rund 15 000 Personen 9000 Teilnehmer aus, die seit Inkrafttreten der neuen Regeln Wertpapiere oder eine Versicherung gekauft oder eine Anlageberatung in Anspruch genommen haben. Für die DK-Erhebung hingegen wurden Fragebögen an Bankkunden verteilt, die von den Instituten angesprochen wurden. Diese waren zwar gehalten, „die Kunden zufällig und über alle relevanten Kundengruppen hinweg gleichmäßig auszuwählen“. Unter den 2850 Personen, die die Fragebögen ausfüllten, sind aber vermögende Kunden ab 50 überrepräsentiert.

Die im Auftrag der DK befragten Kunden halten die neuen Regeln überwiegend für verzichtbar. Auf Kritik stoßen vor allem die Aufzeichnung von Telefongesprächen und die sogenannte Geeignetheitserklärung, in der Berater darlegen müssen, warum das empfohlene Produkt die Bedürfnisse des Kunden erfüllt. Aber auch die Informationen über die beim Kauf eines Wertpapiers anfallenden Gebühren wurden in der DK-Erhebung von einer Mehrheit für überflüssig erklärt.

Finanzbranche fordert Verzichtmöglichkeit

Der Lobbyverband bekräftigte am Freitag die Forderung, „dass die Kunden die Möglichkeit haben sollten zu wählen, welche Informationen sie erhalten wollen“. Auch bei der Sprachaufzeichnung sollte ein Verzicht möglich sein, kritisiert die DK. Der Kauf oder Verkauf von Wertpapieren durch einen schnellen Anruf bei der Bank wird nach Einschätzung des Branchenverbands auch dadurch behindert, dass die Informationen über die damit verbundenen Gebühren für jede einzelne Aktie wiederholt werden müssten. Bei Banken und Sparkassen sei die Anzahl telefonisch erteilter Orders um die Hälfte eingebrochen.

Anders als bei den Kosteninformationen gibt es bei der Geeignetheitserklärung Ausweichmöglichkeiten: Will ein Anleger bei seiner Bank lediglich den Kauf oder Verkauf einer Aktie, Anleihe, von Fondsanteilen oder anderen einfachen Finanzinstrumenten anweisen, so gilt dies als reines Ausführungsgeschäft. Es kann ohne Beratung und damit auch ohne Geeignetheitserklärung erfolgen. Bei komplexeren Finanzprodukten ist das allerdings nicht möglich. Eine generelle Verzichtmöglichkeit wäre falsch, meint Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen: „Wann immer eine Beratung stattfindet, ist es im Interesse des Anlegers, den Grund für die Empfehlung auch zu dokumentieren.“

Dass der Aufwand für die Erfüllung der neuen Regeln von vielen Anlegern als lästig empfunden wird, geht auch aus der neuen Bafin-Erhebung hervor: So räumte die Hälfte der Befragten ein, vor ihrer letzten Wertpapiertransaktion die Kosteninformationen nicht gelesen zu haben. Dennoch hält eine Mehrheit diese Informationen grundsätzlich für sinnvoll und will nicht gänzlich darauf verzichten.