Die auch als Derivate bekannten Wertpapiere werden von vielen Anlegern als Sicherungsinstrumente genutzt. Doch für so extreme Kursschwankungen wie in den vergangenen Wochen waren viele der in den vergangenen Jahren verkauften Papiere nicht gemacht.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Aktienmärkte fahren Achterbahn, die Sparzinsen bleiben niedrig – da erscheinen Zertifikate so manchem Anleger als attraktiver Ausweg. Mit Schlagworten wie „Verlustpuffer“ wirbt die Dekabank, das Wertpapierhaus der Sparkassen, in einer Kolumne auf ihrer Website für ihre neuesten Produktideen. Die aktuelle Krise zeigt allerdings: Bei extremen Kurseinbrüchen an den Aktienmärkten hilft auch ein Verlustpuffer nicht mehr. Von den Zertifikaten des Marktführers Dekabank, die in diesem Jahr auslaufen, stehen aktuell Papiere im Wert von 350 Millionen Euro im Minus.

 

Noch bestünden Chancen auf eine Erholung, betonte die Dekabank am Dienstag auf ihrer Jahrespressekonferenz. Ob die Anleger tatsächlich einen Verlust erlitten, entscheide sich überwiegend erst zum Fälligkeitstermin. Der Anlageerfolg hängt bei den betroffenen Zertifikaten nämlich vom Kurs der Aktie oder des Index’ ab, an den die Papiere gekoppelt sind. Ein Verlust entsteht bei einem Kurssturz unter eine vorab festgelegte Barriere. Werde diese nur vorübergehend unterschritten, spiele das bei den meisten Dekabank-Zertifikaten aber keine Rolle, versicherte der Sparkassen-Dienstleister.

Zertifikat ist nicht gleich Zertifikat

Auf dem Markt finden sich aber auch Zertifikate beziehungsweise Derivate, die schon bei der ersten Verletzung der Untergrenze verfallen. Wegen der häufig komplexen Funktionsweise und der verwirrenden Produktvielfalt – es gibt Expresszertifikate, Bonuszertifikate, Discountzertifikate, Knockout-Zertifikate und Hebelprodukte, um nur einige zu nennen – sind diese Finanzinstrumente Verbraucherschützern seit langem ein Dorn im Auge. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) fordert, dass Bankberater Kleinanlegern keine Zertifikate mehr anbieten sollten: „Wir glauben, dass das Produkt Zertifikat aus dem Vertrieb für normale Anleger genommen und auf Selbstentscheider begrenzt werden müsste“, sagte VZBV-Finanzexpertin Dorothea Mohn dieser Tage in einer Online-Diskussion, die der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold organisiert hatte.

Die Dekabank wiederum warnte davor, alle Zertifikate über einen Kamm zu scheren. Insgesamt habe man über die Sparkassen Papiere im Wert von rund 14 Milliarden Euro an Privatkunden vertrieben. Die Hälfte davon habe mit den Aktienmärkten überhaupt nichts zu tun, sondern beziehe sich auf die Zinsentwicklung. Auch Zinszertifikate – vertrieben unter Namen wie Stufenzinsanleihe oder Zinsdifferenzanleihe – können je nach Ausgestaltung allerdings sehr komplex sein. Verbraucherschützer kritisieren zudem die Preisgestaltung als intransparent.

Zweitgrößter Anbieter von Zertifikaten nach der Dekabank ist die DZ Bank, das Zentralinstitut der Genossenschaftsbanken. Sie vertreibt ihre Zertifikate über Volks- und Raiffeisenbanken. Auf Platz drei liegt laut dem Deutschen Derivateverband die LBBW.

Die starke Stellung des Sparkassen- und des Genossenschaftssektors im Zertifikatemarkt halten Kritiker für problematisch. Die Kunden dieser Institute seien „nicht unbedingt die Feinschmecker, die das durchrechnen können“, sagte der Vorstand des Vereins Finanzwende, Gerhard Schick, in der Online-Diskussion.