In der Diskussion um die Hafner-Ansiedlung wurden sie Gemeinderätinnen. Nun sind Rita Boller und Sandra Beck-Lankocz ausgeschieden und sprechen über ihre Erfahrungen.

Wimsheim - Zwei der aktivsten Mitglieder sind seit der Kommunalwahl im Mai nicht mehr im Wimsheimer Gemeinderat vertreten – und zwar nicht, weil sie nicht mehr gewählt worden wären, sondern weil sie nicht mehr kandidiert hatten. Bei beiden gaben unterschiedliche berufliche und familiäre Belastungen den Ausschlag für eine Mandatspause. Rita Boller von der Liste Wimsheim Miteinander (WM) und Sandra Beck-Lankocz von der Liste Bürgerinitiative (BI) gehörten in den vergangenen fünf Jahren mit zu den Wort- und Meinungsführern im Gremium. Die BI hat seit der letzten Wahl einen Sitz weniger und ist nur noch mit zwei Räten vertreten, den Platz von Rita Boller hat Beate Lämmle-Koziollek eingenommen.

 

Die beiden Ex-Gemeinderätinnen blicken jetzt im Gespräch auf ihre Arbeit in der Kommunalpolitik zurück. Warum haben sie damals, vor fünf Jahren überhaupt kandidiert und das noch auf völlig neuen, unbekannten Listen? Die inzwischen erfolgte Ansiedlung der Goldscheideanstalt C. Hafner GmbH schlug damals in der kleinen Heckengäugemeinde hohe Wellen. Die Gegner befürchteten in erster Linie Gefahren für Mensch und Umwelt. Bürger schlossen sich zusammen und demonstrierten, Widerstand formierte sich. Mitglieder einer neuen Bürgerinitiative protestierten regelmäßig vor den Gemeinderatssitzungen vor dem Rathaus. „Uns wurde nicht zugehört“, sagt Sandra Beck-Lankocz, die zu dieser Zeit die Pressesprecherin der Initiative war, zur Begründung. Es habe von Seiten des Gemeinderats kaum eine Bereitschaft zum Gespräch gegeben und auch nicht zu einer unverbindlichen Bürgerbefragung, wie von den Gegnern gefordert.

Auf Anhieb fünf von zwölf Plätzen

„Viele Bürger haben sich vom damaligen Gemeinderat nicht vertreten gefühlt, deswegen haben wir kandidiert“, fasst Rita Boller zusammen. Der Erfolg schien ihnen Recht zu geben. Die beiden neuen Listen konnten bei der Wahl 2014 auf Anhieb fünf von zwölf Plätzen gewinnen. Dies wirbelte den Gemeinderat ordentlich durcheinander. „Damals herrschte eine starke Aufbruchstimmung“, erinnert sich Beck-Lankocz. Rita Boller hat nach eigenen Worten fest damit gerechnet, gewählt zu werden. Sie habe als Besucherin bei den Sitzungen des Gemeinderats schon längere Zeit vor der Wahl die Diskussion in dem Gremium mitverfolgt. In der Hochzeit um die Hafner-Ansiedlung platzte manchmal der eher kleine Sitzungssaal im Rathaus vor lauter Besuchern aus allen Nähten.

Einmal in den Gemeinderat gewählt, mussten sich die Neulinge rasch in die Regularien einarbeiten. „Wir haben gelernt, dass man sich an Spielregeln halten muss“, sagt Sandra Beck-Lankocz. „Was nichtöffentlich behandelt wurde, muss auch nichtöffentlich bleiben, selbst wenn man sich mehr Transparenz, etwa in Sachen Hafner, gewünscht hätte.“ Das galt auch für die Sitzungsvorlagen der Verwaltung. „Wir haben uns so intensiv wie möglich auf die jeweiligen Tagesordnungspunkte vorbereitet und auch alte Sitzungsprotokolle angeschaut“, erzählt Rita Boller, die oft als besonders gut vorbereitet galt.

In den ersten ein, zwei Jahren nach der Neubesetzung des Gemeinderats knirschte es oft gewaltig zwischen den Fraktionen, zu denen neben den Listen BI und WM noch die Freie Wählervereinigung (FWV) und die Bürger für Wimsheim (BfW) gehörten. Dabei ging es nicht nur um Grundsatzfragen zur Gewerbeansiedlung, sondern häufig kochten die Emotionen auch an anderen Themen schnell hoch. Man sah sich schließlich genötigt, die Wogen mithilfe einer externen Mediation zu glätten. „Wir hatten schon das Gefühl, dass man als Eindringling empfunden wurde“, sagt Boller. „Es hat eine ganze Weile gedauert, bis es nicht mehr hoch herging“, fügt Beck-Lankocz hinzu. Anträge der BI seien meistens grundsätzlich abgelehnt worden. Rita Boller erinnert sich an ein Beispiel. Ihre Liste Wimsheim Miteinander, die sich das Thema Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrieben hat, habe eine Einwohnerversammlung beantragt. Diese sei mit knapper Mehrheit abgelehnt worden und dann später von einer der beiden anderen Fraktionen beantragt und mehrheitlich beschlossen worden.

Das Thema Hafner „ist noch nicht erledigt“

Auch rund um das Thema Hafner sei es emotional zugegangen und die Forderung nach Akteneinsicht habe sich wochenlang hingezogen. „Man hat uns dargestellt, als ob uns das nicht zusteht“, regt sich Rita Boller heute noch auf. „Vielen Bürgern ist nicht bewusst, dass das, wogegen wir waren, noch nicht erledigt ist“, fügt sie hinzu. Allerdings habe es rein menschlich mit den anderen Gemeinderäten keine Probleme gegeben. „Ich spreche auch mit allen“, sagt sie.

Rita Boller wünscht sich, dass mehr Bürger zu den Ratssitzungen gehen, damit sie selbst erleben, wer sie wie vertritt. Sandra Beck-Lankocz ist der Meinung, dass dies die einfachste Form der Bürgerbeteiligung ist, denn die Besucher könnten Fragen stellen. Dass die beiden Frauen weiter an der Kommunalpolitik dranbleiben, daran lassen sie keinen Zweifel. Themen wie Leben im Alter oder der Hort an der Grundschule werden sie im Auge behalten. „Dass ich nicht mehr im Gemeinderat bin, heißt nicht, dass ich nichts mehr mache“, so Beck-Lankocz. Eventuell werde sie in fünf Jahren wieder kandidieren, denn insgesamt sei die Zeit als Gemeinderätin keine so negative Erfahrung gewesen. Rita Boller nickt zustimmend. Auch sie hat die Lust an der Kommunalpolitik nicht verloren. Im Gegenteil. Und für ihre Heimatgemeinde wünscht sie sich, „dass man Beschlüsse unabhängig von Fraktionen zum Wohl von Wimsheim fasst.“