Gefüllte Zuschauerplätze in einer Gemeinderatssitzung sind in der Regel ein Hinweis auf spannende Themen auf der Tagesordnung. Die „Bestellung von Herrn Benedikt Paulowitsch zum Amtsverweser“ könnte das große Interesse ausgelöst haben – bei ihm selbst aber nicht.

Kernen - Gefüllte Zuschauerplätze in einer Gemeinderatssitzung sind in der Regel ein Hinweis auf spannende Themen auf der Tagesordnung. Die „Bestellung von Herrn Benedikt Paulowitsch zum Amtsverweser“ könnte das große Interesse am Donnerstagabend ausgelöst haben – bei ihm selbst aber nicht. „Ich habe mich dagegen entschieden, da zu sein“, sagt der am 29. September zum Bürgermeister Gewählte. „Ich wollte nicht dasitzen und sehen, wie über mich entschieden wird.“ Da saß indes Thomas Hornauer, der bei der Wahl gerade 26 Stimmen bekommen hatte und Einspruch gegen die Bürgermeisterwahl erhoben hat.

 

Der 31-jährige Paulowitsch wird von jenem Freitag an Beamter auf Zeit

Seinen Einspruch hat das Landratsamt zurückgewiesen, und Hornauer wird nun wohl beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erheben. „Fragen wir ihn doch, ob er weitergeht oder im Sinne der Gemeinde aufhört“, meinte Eberhard Kögel vom Parteifreien Bündnis PFB. „Darf ich was sagen?“, fragte Hornauer aus dem Publikum. Er durfte nicht, weil nichts auf der aktuellen Tagesordnung Stehende von außen kommentiert werden darf. Alle Beobachter sind überzeugt davon, dass Hornauer den Klageweg beschreitet – weshalb die Räte Benedikt Paulowitsch einstimmig zum Amtsverweser Kernens bestellten, beginnend am 15. November.

Der 31-jährige Paulowitsch wird von jenem Freitag an Beamter auf Zeit, darf den Titel Bürgermeister und die Amtsgeschäfte führen, hat aber als Einschränkung kein Stimmrecht im Gemeinderat. Wann er dann offiziell verpflichtet und ins Amt eingesetzt wird, hängt vom Verlauf des Klagewegs ab. „Es ist eine Umsetzung des Wählerwillens unter besonderen Voraussetzungen“, sagte der Beigeordnete Peter Mauch. Auch im „Mitteilungsblatt Kernen“ wird Paulowitsch ab Mitte des Monats als „verantwortlich für den redaktionellen und amtlichen Teil“ aufgeführt. An dieser Stelle steht vorübergehend Mauch, der seit der Wahlniederlage von Stefan Altenberger ins Rampenlicht rückte: Der Bürgermeister zog sich am Ende seiner 16-jährigen Tätigkeit aus der Öffentlichkeit zurück, am 31. Oktober war sein letzter Tag im Rathaus.

Benjamin Treiber (CDU) wurde formell als Gemeinderat verpflichtet

In der Gemeinderatssitzung unter der Leitung Mauchs standen weitere Personalien an. Der bei der Kommunalwahl im Mai wiedergewählte Benjamin Treiber (CDU) wurde formell als Gemeinderat verpflichtet, nachdem er in der vorherigen Sitzungen verhindert war. Und durch den Ende Oktober von Erich Ehrlich erklärten Wechsel von der SPD in die UFW-Fraktion gab es Veränderungen in Ausschüssen. In der Sitzung am Donnerstag saß Ehrlich erstmals gegenüber vom angestammten Platz. „Der Wechsel war kein Fehler“, sagt Erich Ehrlich am Tag danach, schon die UFW-Fraktionssitzung am Dienstag habe er als „sehr konstruktiv“ empfunden.

Alle Gemeinderäte werden sich am Wochenende intensiv austauschen, eine Klausurtagung steht an, mit Themen wie Baugebiet Hangweide, Digitalisierung oder mittelfristiger Finanzplanung. Auch Benedikt Paulowitsch wird daran teilnehmen – als Gast. „Ich war die letzten Tage immer wieder im Rathaus“, sagt er, „um in Themen reinzukommen, mich in Dinge einzulesen und Mitarbeiter kennenzulernen.“ Zu einer Übergabe mit Stefan Altenberger kam es indes nicht.

In der kommenden Woche steht im Rathaus Kernen eine Personalversammlung an, „da werde ich meinen Einstand bei den Kollegen geben“, kündigt der neue Bürgermeister an. Der 15. November, wenn er dann formal beginnt, wird demnach kein besonders feierlicher Tag. „Es beginnt dann ein neues Kapitel“, sagt Paulowitsch über seinen Berufsweg, aus dem Innenministerium „gehe ich schon mit Wehmut.“ Neben den beruflichen stehen derweil private Planungen an, etwa die für den Sommer terminierte Hochzeit.

Der Mann, der erst einen Monat vor der Bürgermeisterwahl aktiv in Erscheinung trat, freut sich auf die neue Aufgabe. „Jetzt kann es losgehen.“