Die Anne-Frank-Schule in Stuttgart-Möhringen ist Gemeinschaftsschule. Von Anfang an ist es das Ziel gewesen, dort alle Abschlüsse anzubieten. Doch für eine gymnasiale Oberstufe fehlt der Platz. Nun gibt es eine Lösung.

Möhringen - Eltern von Viertklässlern müssen sich demnächst entscheiden: Auf welche Schule soll ihr Kind nach den Sommerferien gehen? Neben dem klassischen Gymnasium, der Realschule und der Werkrealschule gibt es in Baden-Württemberg seit 2012 auch die Gemeinschaftsschule. Statt in Klassen lernen die Kinder dort auf unterschiedlichen Niveaustufen – und theoretisch ist jeder Schulabschluss möglich.

 

An der Anne-Frank-Gemeinschaftsschule in Möhringen können die Jugendlichen den Hauptschul- und den Realschulabschluss erwerben. Das Abitur ist dort jedoch noch nicht möglich, obwohl die Schüler, die auf dem erweiterten Niveau lernen, auch darauf vorbereitet werden. Stattdessen müssen diejenigen, welche die allgemeine Hochschulreife erwerben wollen, die Schule wechseln. Dafür müssen sie keine Prüfung meistern, denn auch dieser Abschluss ist vorgesehen.

Die Anne-Frank-Schule und das WG West kooperieren

Der Schulleiter der Anne-Frank-Gemeinschaftsschule, Gerhard Menrad, und sein Kollege Klaus Beringer, Schulleiter vom Wirtschaftsgymnasium West, haben sich nun zu einer Kooperation verpflichtet und am Dienstag offiziell einen Vertrag unterschrieben. „Die Gemeinschaftsschule verfolgt drei Abschlüsse als Bildungsziel“, betonte Menrad. Deshalb sei die Aufgabe der Anne-Frank-Schule nicht damit beendet, dass sie nur zwei anbiete. „Wir wollen den Weg zum Abitur eröffnen. Dafür ist die Kooperation wichtig“, sagte Menrad.

Theoretisch kann eine Gemeinschaftsschule auch eine eigene gymnasiale Oberstufe einrichten, steht in einem Papier des Kultusministeriums Baden-Württemberg. Jedoch: „Eine eigene Oberstufe kommt für uns zwar in Frage. Aber die baulichen Voraussetzungen hierfür sind nicht gegeben“, sagte Menrad.

Mehr als die Hälfte der Schulabgänger habe sich bisher nach dem Abschluss für eine weiterführende Schule entschieden, sagte Menrad. Diesen Sommer verlässt nun der erste Jahrgang der neuen Schulform die Anne-Frank-Gemeinschaftsschule. „Auch denen wollen wir eine vernünftige Option bieten. Wir wollen ihnen einen weicheren Übergang zum WG West ermöglichen und die Schüler nicht alleine lassen“, sagte Menrad.

Viele Eltern haben falsche Vorstellungen

So wird beispielsweise eine Vertreterin des WG West mit ehemaligen Schülern der Anne-Frank-Schule den Infoabend zur Laufbahnentscheidung besuchen. Außerdem sind Hospitationen geplant. Dies bedeutet einerseits, dass die Schüler der Anne-Frank-Gemeinschaftsschule in den Unterricht des WG West schnuppern können, um zu schauen, was auf sie zukommt. Andererseits werden auch die Lehrkräfte gegenseitig hospitieren. „Ich erwarte, dass wir durch die Zusammenarbeit genauere Kenntnis über das Leistungsniveau erhalten und den Schülern vermitteln können, was auf sie zukommt“, sagte Menrad. Dabei sei das WG West nur eine von vielen Möglichkeiten, die den Schülern nach der Sekundarstufe offen stehen würden.

Die Kooperation soll zudem ein Zeichen an die Eltern von künftigen Fünftklässlern senden, sagte Menrad und ergänzte: „Viele haben eine falsche Vorstellung davon, was das Bildungsziel einer Gemeinschaftsschule ist.“ Durch die Kooperation könne man zeigen, dass die Anne-Frank-Schule nicht nur das Ziel verfolge, die jungen Leute mit der Mittleren Reife oder Hauptschulabschluss zu entlassen, sondern auch das Abitur im Blick habe.