Der Degerlocher Schriftsteller und Historiker Gerhard Raff sammelt seit vielen Jahren Krippenfiguren aus der Provence. Jetzt sind sie im Rathaus zu sehen. Das sollte man nicht verpassen.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Einen

 

Einen schöneren Platz hatte die weitgereiste provenzalische Krippe des Degerlocher Mundartdichters, Schriftstellers und Historikers Gerhard Raff vermutlich noch nie. Durch das großartige Glasfenster der Künstlerin Ida Kerkovius im ersten Stock des Stuttgarter Rathauses fällt ein weiches Licht auf seine rund 600 Krippenfiguren. Einen ganzen Tag lang dauerte das Auspacken, das Aufbauen und das detailverliebte Arrangieren mit Hilfe auch des Bildhauers Uli Gsell. Lavendel aus dem Garten von Albert Camus findet dabei ebenso Verwendung, wie Gestein aus dem Heiligen Land und das ehemalige Vesperbrett von Thaddäus Troll, das als Unterlage für den Stall mit Maria und Josef und dem Jesuskind dient. An diesem Mittwoch öffnen sich die Tore zu dieser besondern Ausstellung. Die Krippe kann dann bis 29. Dezember von Montag bis Freitag außer an den Feiertagen zwischen 12 und 18 Uhr im Rathaus besichtigt und bestaunt werden. Auf Wunsch bietet Gerhard Raff auch Führungen an.

Mit einer Rede von Charles de Gaulle fing alles an

Das Ganze hat eine kleine Vorgeschichte: Bei der Verleihung der Goldenen Staufermedaille an Anfang August hatte Raff der Stadt angeboten, seine Krippe für eine Weihnachtsausstellung zur Verfügung zur stellen. Ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann, und das OB Frank Nopper folglich auch nicht ausschlug, weshalb die Krippenfiguren jetzt Einzug hielten.

Ausführlicher ist die Geschichte, wie Gerhard Raff zu der Krippe kam. In Kurzform lautet sie so: Inspiriert von der berühmten Ludwigsburger Rede an die deutsche Jugend von Charles de Gaulles 1962, radelte der junge Raff nach Frankreich und machte in Marseille Bekanntschaft mit dem Maître-Santonnier Marcel Carbonel und seinen handbemalten Terracotta-Figuren. Aus dieser Begegnung ist mit den Jahren eine prächtige und symbolträchtige Sammlung entstanden, die in der Weihnachtszeit schon etliche Kirchen, Museen oder auch Krankenhäuser schmückte. darunter das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, den Brandenburger Dom und die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall. Im vergangenen Jahr waren Teile der Krippe beim ZDF-Fernsehgottesdienst am Heiligabend in der Johanneskirche zu sehen. Und nun also das Rathaus, und das in voller Schönheit. Ein Besuch dort lohnt immer. Jetzt noch mehr.