Inhaltlich nicht viel Neues im Prozess gegen Stefan Schumacher - stattdessen ergehen sich der wegen Betrugs angeklagte ehemalige Radprofi und sein früherer Teamchef Hans-Michael Holczer in persönlichen Sticheleien.

Stuttgart - Stefan Schumacher kamen die Tränen. Rund zwei Stunden hatte sich der wegen Betrug angeklagte Radprofi angehört, was sein ehemaliger Teamchef Hans-Michael Holczer als Zeuge vor dem Landgericht Stuttgart aussagte. Schon währenddessen konnte sich Schumacher in Saal fünf mit Bemerkungen nicht zurückhalten und wurde vom Vorsitzenden Richter Martin Friedrich mehrfach ermahnt. Als der 32-Jährige schließlich das Wort erteilt bekam, war es mit der Beherrschung nach wenigen Sätzen vorbei. „Es wurden unheimlich viele Lügen erzählt da drin. Er leugnet einfach alles“, sagte Schumacher in einer Pause des 16. Verhandlungstages.

 

Seiner Meinung nach wusste Holczer, dass er, Schumacher, gedopt habe. Die Anklage, ihn um Gehalt betrogen zu haben, sei also nicht zutreffend. Bei der Tour de France 2008 hatte Schumacher Doping trotz Nachfrage abgestritten, war später aber positiv getestet und gesperrt worden. Holczer bestritt erneut, vom Doping des Nürtingers gewusst zu haben.

Es wird persönlich

Zum insgesamt vierten Mal trat er in dem Prozess persönlich auf. Im Gegensatz zu der drei Tage dauernden ersten Aussage im April wurde es dieses Mal aber eine bissig und mitunter auch persönlich geführte Befragung. Holczer unterstellte den Eltern von Schumacher am Rande einer Antwort, an der Doping-Karriere ihres Sohnes nicht unbeteiligt gewesen zu sein - große Entrüstung im Lager des Angeklagten.

Kurz darauf revanchierte sich dessen Anwalt Michael Lehner mit der Frage, ob er, Holczer, seinem Mandaten denn im April tatsächlich „Du Drecksack“ zugeraunt habe - große Entrüstung im Zeugenstand. Die Atmosphäre war daher angespannt wie selten zuvor in dem schon fünfeinhalb Monate dauernden Verfahren. Inhaltlich aber gab es kaum Fortschritte - obwohl sogar Ehefrau Renate Holczer befragt wurde.

Was in dem Medizinkoffer genau enthalten war, der vom Logistikleiter des Teams nach Beginn der Tour de France nach Frankreich gefahren wurde, wisse sie nicht. Es sei zudem üblich gewesen, dass auch mal etwas nachgeliefert wurde. Weil der Start in London war, habe man sich zuvor mit dem Material sehr zurückgehalten.

Holczer bleibt dabei: Habe nichts gewusst

Auch als das Gericht nach etwa 30 Minuten dann ihren Mann mit den Aussagen vorhergehender Zeugen konfrontierte, blieb der Erkenntnisgewinn gering. Holczer hatte wahlweise ein gutes Argument parat oder widersprach mit Vehemenz.

Kernbotschaft wie im April: Doping bei Gerolsteiner sei ihm nicht bekanntgewesen und er habe eine strikte Anti-Doping-Haltung vorgelebt. „Wir waren ein anderes Team. Das kommt durch viele Dinge zum Ausdruck. Das kommt zum Ausdruck durch einen ganz anderen Umgang mit dem Thema oder auch dadurch, dass sich ihr Mandant Wege außerhalb des Teams suchen musste“, sagte Holczer. „Ich habe niemals in meinem Leben auch nur einen Cent oder einen Pfennig für Dopingmittel ausgegeben oder für Dopingmittel zur Verfügung gestellt.“

Offensiv wurde Holczer mit der Aufforderung an Schumacher, den Namen des Arztes nicht länger zu verschweigen, der ihn beim Dopen unterstützt hat. „Es wäre mal an der Zeit für ihren Mandanten, den Namen des Teamarztes zu nennen, der ihm dabei geholfen hat. Denn Teamarzt impliziert, dass es was mit dem Team zu tun hatte.“

Das aber tat Schumacher erneut nicht. „Ich habe viel gesagt. Welche Ärzte involviert waren, welche Ärzte mir was gegeben haben, ich habe Atteste vorgelegt die von Ärzten ausgefüllt wurden über Cortison und ich habe viele Dinge ausgesagt“, meinte er. „Bei dem Thema hat es einfach persönliche Hintergründe, die ich nicht schildern kann. Ich weiß, dass mir das negativ ausgelegt wird.“