Ein Geschäftsmann aus Filderstadt-Sielmingen hat im Januar die coronabedingte Schließung von Hundesalons im Land per Eilantrag gekippt. Wie ist es ihm seither ergangen?

Sielmingen - Die Frau muss zweimal schauen. Ist das wirklich mein Hund? Der dunkle Zwergpudel ist so fluffig aufgeföhnt, dass sie ihn zunächst gar nicht erkennt. Er sei so weich, sagt sie und streichelt über das wollige Fell. Wieder eine erfolgreiche Tierverwandlung in der Dog Beauty Lounge in Sielmingen. Ein ganzer Schwung kleiner Klienten hat eben frisch gestylt den Salon des Hundefriseurs Jean-Fred Noel verlassen, ein Bernhardiner wartet noch darauf, abgeholt zu werden.

 

Er ist froh, wieder arbeiten zu dürfen

Viel zu tun, aber der Inhaber ist froh, überhaupt arbeiten zu dürfen. Mitte Dezember 2020 hatte er seine Dog Beauty Lounge coronabedingt schließen müssen. Daraufhin hatte er gemeinsam mit der Mössinger Hundepflegerin Tanja Istvan, seiner einstigen Lehrerin, geklagt – und unanfechtbar Recht bekommen.

Der Verwaltungsgerichtshof für Baden-Württemberg mit Sitz in Mannheim hatte am 22. Januar 2021 die entsprechende Vorschrift in der Corona-Verordnung des Landes mit sofortiger Wirkung außer Vollzug gesetzt. Der Betrieb von Hundesalons dürfe nicht ausnahmslos untersagt werden, so hatte es geheißen, wenn durch eine kontaktlose Übergabe der Tiere innerhalb fester Zeitfenster das Aufeinandertreffen von Menschen vermieden werden könne, ähnlich wie bei Click-and-Collect.

Jean-Fred Noel sagt, ihm sei keine andere Wahl geblieben. „Der Kosmetiksalon meiner Frau ist seit 15 Monaten zu. Wenn wir nichts unternommen hätten, wären wir heute insolvent“, stellt der Filderstädter Hundesaloninhaber klar.

Nach mehreren Jahren in Stuttgart ist das französische Ehepaar vor etwa vier Jahren mit seinen beiden Geschäften nach Sielmingen gezogen. Die Salons liegen Tür an Tür. „Wir haben uns einen Traum erfüllt“, sagt Sarah Noel Dolbeau. In der Pandemie beide Geschäfte zu schließen, das sei existenzbedrohend gewesen, sagt ihr Mann. Er kenne Branchenkollegen, die seien längst pleite.

Die Franzosen, sagt er, gehen auf die Straße

Sich zu wehren, entspreche seinem Naturell. „Wenn etwas nicht passt, gehen wir Franzosen auf die Straße“, sagt er. Der juristische Sieg der beiden Geschäftsleute war ein Sieg für alle Hundesalonbetreiber im Land. „Wir haben für ganz Baden-Württemberg gekämpft“, sagt Jean-Fred Noel. Entsprechend enttäuscht äußert er sich über die Resonanz. Von den etwa 3000 Hundefriseuren, die es laut seiner Aussage im Bundesland gibt, hätten sich etwa 50 gemeldet oder etwas gespendet, um sich an den Anwaltskosten zu beteiligen. „In einer Pandemie greift die Rechtsschutzversicherung nicht. Wir sind aufs Volle gegangen“, sagt er. Daher habe er sich mehr Zuspruch aus der Branche erwartet. „Wir haben etwas erreicht. Wir haben vielen Kollegen die Existenz gerettet“, sagt Jean-Fred Noel.

Mittlerweile, gut vier Monate später, ist wieder etwas Normalität in die Dog Beauty Lounge eingekehrt. „Es funktioniert. Es könnte besser sein, aber wir sind zufrieden“, sagt der Betreiber. Noch habe die Auftragslage zwar das Vor-Corona-Niveau nicht erreicht, „aber das Gute ist, dass wir keine staatlichen Hilfen brauchen“. Er findet: „Kämpfen lohnt sich.“