Im chinesischen Changsha soll der Wohn- und Geschäftsturm Sky City entstehen – und das in Zeitraffer. Mit 838 Metern Höhe wäre der Turm, der in zehn Monaten entstehen soll, dann das höchste Gebäude der Welt.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Changsha - Einen Mangel an Visionen kann man Zhang Yue nun wirklich nicht vorwerfen. Sein Milliardenvermögen hat der 53-Jährige Geschäftsmann mit Klima- und Lüftungsanlagen für Wohn- und Geschäftshäuser gemacht. Inzwischen denkt er nur noch darüber nach, frischen Wind in die Bauwirtschaft zu blasen. Als er neulich die Nachrichtenagentur Reuters in seinen Büroräumen zum Interview empfing, da fanden sich an der Wand die Pläne von einem Wolkenkratzer, der einmal zwei Kilometer in die Höhe wachsen soll. Auf die verdutzte Reporterfrage, ob solch ein Projekt den jemals die Chance habe, auch realisiert zu werden, kam die Antwort knapp und eindeutig: „Ja, klar, zu hundert Prozent“.

 

Nicht wenige Architekten und Statiker halten Wolkenkratzer dieser Dimension für unmöglich. Doch eine Etage tiefer geht die Jagd nach Höhenrekorden im Sauseschritt voran. Die Petronas Tower in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur waren mit 451 Metern sechs Jahre lang das höchste der Gefühle, ehe sie 2004 vom sogenannten 501 in Taipeh abgelöst wurden. Drei Jahre waren die 509 Meter in Taiwans Hauptstadt Spitze, ehe in Dubai der Burj Khalifa öffnete. Dessen 828 Meter sind bis heute unerreicht.

Die ehemaligen Spitzenreiter in Kuala Lumpur und Taipeh werden schon bald aus der Top-Ten der Liste mit den höchsten Gebäuden verschwunden sein. In Saudi-Arabien ist man dem Himmel mit dem Mecca Royal Clock Tower Hotel schon 601 Meter näher gekommen, in China ist man vielerorts dabei. Im ostchinesischen Tanjin baut man an zwei Gebäuden die jeweils deutlich über der 500-Meter-Marke liegen, gleiches gilt für das Greenland Center im nordchinesischen Dalian. Gar 648 Meter hoch wird das ebenfalls im Bau befindliche Ping An Center in der Millionenmetropole Shenzhen. Bei seiner Fertigstellung im Jahr 2015 soll es das zweithöchste Gebäude der Welt sein – wenn denn Zhang Yue das nicht noch zu verhindern weiß.

Die geplante Bauzeit beträgt nur zehn Monate

Sky City heißt das Projekt, mit dem der milliardenschwere Visionär den Wolkenkratzerthron erobern möchte – ein Gebäude mit Rekordhöhe, erstellt in Rekordzeit. Im zentralchinesischen Changsha soll das Gebäude auf 838 Meter in die Höhe wachsen und damit zehn Meter mehr als der derzeitige Spitzenreiter in Dubai bieten. Geplante Bauzeit: neun Monate.

Das klingt verrückt, und das ganze Vorhaben könnte getrost ins Reich der Träume verwiesen werden, wenn Zhang Yue nicht schon in der Vergangenheit mit erstaunlichen Projekten auf sich aufmerksam gemacht hätte. Als eine Art Versuchsballon hat der Unternehmer vor drei Jahren ein 15-stöckiges Gebäude in sechs Tagen errichtet, und anderthalb Jahre später noch eines draufgesetzt: für ein Hotel mit 30 Stockwerken brauchte seine Firma gerade 15 Tage Bauzeit. Das dabei angewandte Fertighausprinzip soll nun auch beim Bau von Sky City zum Einsatz kommen.

Viele Experten halten den Plan für Irrsinn

An Experten, die das Projekt für undurchführbar halten, mangelt es nicht. Schlichtweg „Irrsinn“ sei das ganze, sagt Yin Zhi der in Hongkong erscheinenden „South China Morning Post“. Yin unterrichtet an der renommierten Pekinger Tsinghua-Universität Architektur und berät die Regierung in Fragen der Stadtentwicklung. Die Sicherheit der 30 000 Menschen, die das Gebäude einmal bevölkern sollen, hält er für massiv gefährdet, Brandschutz und Erdbebenstandfestigkeit seien nicht ausreichend.

Auch die chinesischen Behörden scheinen über das Mammutprojekt noch einmal nachdenken zu wollen. Nach der offiziellen Grundsteinlegung Ende vergangener Woche wurde nun erst einmal das Ruhen der Bauarbeiten bekannt. Die Nachrichtenagentur Xinhua zitierte einen Vertreter der örtlichen Baubehörde, mit den Worten, das Sky-City-Projekt müsse noch ein Zulassungsverfahren durchlaufen.

Zhang Yue ist darum nicht bange. „Meine Gebäude sind so stabil wie ein Felsen“, sagt der Unternehmer. Zhang sieht in seinen Hochhäusern die Lösung für eine ganze Reihe von Problemen. Der Landknappheit werde ebenso Einhalt geboten wie Transportschwierigkeiten und Luftverschmutzung. Eigentlich müsse man die 220 Stockwerke gar nicht mehr verlassen, den 30 000 Bewohnern sollen Theater, Kinos, Schulen und ein Krankenhaus zur Verfügung stehen. Veranschlagte Kosten im Augenblick: rund 1,1 Milliarden Euro.