Der Ministerrat gibt den Auftrag für eine landesweite Kelten-Konzeption. Im Mittelpunkt steht ein Erlebniszentrum auf der Heuneburg.

Stuttgart - Bei den Namen Heidengraben, Heuneburg, Hochdorf oder Magdalenenberg bekommen Geschichtsfans leuchtende Augen. Sie alle stehen für herausragende Fundstätten von Zeugnissen aus der Keltenzeit – also von Menschen, die zwischen dem achten Jahrhundert vor Christus und der Ankunft der Römer weite Teile Mittel- und Westeuropas bevölkerten. Dass diese für das Land bedeutsam sind – man kann sagen, es war die Urbevölkerung – ist in Fach- und Liebhaberkreisen unstrittig. Doch ein breites Publikum hat sich dafür nicht interessiert.

 

Das soll sich nun ändern. Der Ministerrat hat am Dienstag den Grundsatzbeschluss für das Vorhaben gefasst, eine Art kulturpolitisches Dach für die baden-württembergische Keltengeschichte zu zimmern. „Die Kelten gehören zu unserem Erbe“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Ja, das Keltische stelle in gewisser Weise die erste paneuropäische Kulturgemeinschaft nördlich der Alpen dar. Dies wolle man sichtbar und emotional erfahrbar machen.

Dazu soll zunächst eine Arbeitsgruppe verschiedener Ministerien prüfen, welche der zahlreichen Fundorte „Entwicklungspotenzial im Sinne der Keltenkonzeption haben“, erläuterte Kunst-Staatssekretärin Petra Olschowski.

Eine goldgeschmückte Fürstin

Bereits jetzt steht fest, dass die Heuneburg bei Herbertingen im Landkreis Sigmaringen im Zentrum steht: „Sie soll zu einer musealen und touristischen Erlebniswelt ausgebaut werden.“ Die keltische Siedlung gilt als die älteste Stadt nördlich der Alpen.

Archäologen haben hier die sterblichen Überreste einer Frau frei gelegt, die zusammen mit wertvollem Schmuck aus Gold und Bernstein bestattet worden war. Die Grabkammer der mutmaßlichen Fürstin war im Dezember 2010 als riesiger Block auf einem Tieflader in eine Laborhalle nach Ludwigsburg verfrachtet worden – eine spektakuläre Aktion, deren Früchte 2012 auf einer Großen Landesausstellung zu sehen waren. Auf dem landeseigenen Gelände oberhalb der Donau befindet sich auch die Staatsdomäne Talhof. Hier soll die Kelten-Erlebniswelt entstehen.

Für den Ausbau und Betrieb geht Kretschmann von einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag aus. Welche Kosten die Konzeption insgesamt verursacht – auch andere Standorte sollen profitieren –, lasse sich noch nicht abschätzen. Doch er befindet: „Das muss uns das Geld wert sein.“ Und: „Da sparen wir mal nicht!“ Immerhin biete die Keltenkonzeption auch die Chance einer gezielten kulturellen Förderung des ländlichen Raums.

Wissenschaftler reden mit

Zur Vernetzung gehören auch ein Tourismuskonzept und eine Werbekampagne. Die Rede ist von einer publikumswirksamen Inszenierung der Kelten und von „interaktiven und handlungsorientierten Angeboten“. Auch Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten sollen in der Region, die „weitab von Verkehrsströmen“ (Kretsch-mann) liegt, wachsen. Ein archäologisches Disneyland werde trotzdem nicht entstehen, versicherte Olschowski. Das Konzept werde vielmehr in Abstimmung mit Wissenschaftlern wie dem Esslinger Landesarchäologen Dirk Krausse entwickelt.

Olschowski zufolge ist auch nicht geplant, ein weiteres Landesmuseum zu etablieren. Die Trägerschaft für die Heuneburg sollen im kommenden Jahr vielmehr die Staatlichen Schlösser und Gärten übernehmen. Entscheidend sei, der wissenschaftlichen Forschung und einer publikumsnahen Vermittlung gleichermaßen Raum zu geben.

Hervorgehen soll die Erlebniswelt Heuneburg aus den derzeit zwei Museumsstandorten in der Region, dem landeseigenen Freilichtmuseum und dem kommunalen Museum in Herbertingen. Nach internen Vorstellungen soll die Erlebniswelt jährlich 50 000 bis 60 000 Besucher auf die Heuneburg locken – das wäre mehr als doppelt so viel wie heute.