Eine Erzählwerkstatt für Frauen in Waiblingen war die Initialzündung: daraus ist ein Buch entstanden, in dem 73 Frauen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund über sich berichten.

Waiblingen - Die erste Auflage war, kaum gedruckt, schon wieder ausverkauft. Nun legen der Bezirksarbeitskreis Frauen im Kirchenbezirk Waiblingen (BAF) und der Iris-Förster-Verlag mit einer zweiten Auflage von „73  Frauenleben“ nach. Auf knapp 300 Seiten kommen in dem Buch Frauen unterschiedlichen Alters und Herkunft zu Wort. Kirche und Religion spielen für sie eine mal mehr, mal weniger wichtige Rolle.

 

Da erzählt beispielsweise Paula Wagner, Jahrgang 1911, von ihrer Kindheit im Kreise von sechs Geschwistern und vom Tod der Mutter, als Paula gerade mal zehn Jahre alt war, das jüngste Geschwisterchen erst zwei. Gleich nach der Konfirmation hieß es für Paula Abschied von zu Hause zu nehmen – sie arbeitete nun als Kindermädchen und Landwirtschaftshelferin in einem anderen Haushalt.

Zwei Länder und zwei Kirchen als Heimat

Ganz anders, wenn auch nicht weniger arbeitsreich, ist Susanne Blatts Leben: geboren in den 1960er-Jahren, aufgewachsen in einem mäßig frommen Elternhaus, wollte sie Tierärztin werden, nahm dann aber ein Theologiestudium auf, ohne den Pfarrberuf ergreifen zu wollen. In Schweden, ihrer zweiten Heimat, hat sie dann ihre Berufung gefunden und ist nun in zwei Ländern und zwei Kirchen zu Hause.

Auch Emine Kara aus Fellbach hat zu zwei Ländern eine besondere Verbindung: zur Türkei, ihrem „Mutterland“, wie sie es nennt, und zu Deutschland, ihrem „Vaterland“, in das sie mit 16 Jahren ihrem Vater folgte. Als eine der ersten türkischen Frauen belegte sie einen Deutschkurs bei der Volkshochschule und organisierte später für andere türkische Frauen Sprach-, Näh- und Computerkurse.

Im Buch kämen fromme und weniger fromme Frauen zu Wort, sagt Monika Nuding-Rieger, die zum fünfköpfigen Redaktionsteam gehört, das im Frühjahr vergangenen Jahres zu einer Erzählwerkstatt für Frauen eingeladen hatte. „Zu diesem Abend sind 20 Frauen gekommen“, erzählt sie. Das Team habe einige Impulse gegeben, dann hatte jede Frau drei Minuten Redezeit. Der Abend sei ein voller Erfolg gewesen, berichtet Nuding-Rieger: „Am Ende stand fest, dass wir ein Buch machen wollen.“

Das Ziel: eine Frau aus jedem Ort

So hat das Redaktionsteam in den darauffolgenden Wochen weitere Frauen angesprochen, außerdem Pfarrämter angeschrieben mit der Bitte, mögliche Erzählerinnen auf das Buchprojekt aufmerksam zu machen. „Mein Ziel war, dass aus jedem Ort im Kirchenbezirk Waiblingen mindestens eine Frau vertreten ist“, erzählt Monika Nuding-Rieger, deren Team von etlichen Kirchengemeinden mit Adressen von Ansprechpartnerinnen unterstützt wurde.

„Manchmal war es ganz einfach, bei manchen Frauen hat es aber auch einiges an Überredungskunst gebraucht“, berichtet Monika Nuding-Rieger über das ehrenamtliche Projekt, in welches das Redaktionsteam viel Zeit investiert hat. Die Teilnehmerinnen konnten ihre Geschichte oder die eines weiblichen Vorbilds selbst niederschreiben oder aufschreiben lassen. Einige Frauen zogen es vor, anonym oder mit einem geänderten Namen im Buch zu erscheinen. Ein durchaus nachvollziehbarer Wunsch, haben manche doch sehr persönliche Dinge berichtet. „Ich bewundere den Mut vieler Frauen, einige hatten harte, schlimme Geschichten zu erzählen“, sagt Nuding-Rieger. Das Erzählen und Aufschreiben sei für manche eine Art Lebenshilfe gewesen, ist sie überzeugt.

Wo man das Buch kaufen kann

„73 Frauenleben“ ist im Iris-Förster-Verlag Waiblingen erschienen und kostet 16 Euro. Das Buch mit 300 Seiten ist im Buchhandel erhältlich; ISBN 978-3-938812-40-2.