Männer jagen und kämpfen, Frauen kochen und hüten die Kinder – das war schon immer so. US-Forscher haben jetzt mit diesen fest zementierten Rollenklischees aufgeräumt: Schon in der Steinzeit waren Männer und Frauen gleichberechtigte Jagdgefährten.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Davis - Die Rollenverteilung der Geschlechter ist seit der Steinzeit buchstäblich in Stein gemeißelt: Ich – Mann, Du – Frau. Ich – Jäger, Du – Mutter und Haushalt. Der Mann war ein wilder Kämpfer, der für die Jagd und den Schutz vor wilden Tieren und Feinden zuständig war. Die Frau hütete die Kinder und sammelte Pflanzen zur Nahrungsergänzung.

 

Dieses Bild der Urzeitmenschen wird oft herangezogen, um bis heute anti-emanzipatorische Rollenklischees und Familienmodelle zu rechtfertigen. Auch viele heutige Naturvölker praktizieren diese archaische Arbeitsteilung unter den Geschlechtern.

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„Die Lebensweise von modernen Jäger-und-Sammler-Kulturen ist hochgradig gegendert – was dazu verleitet, dies als irgendwie ‚natürlich‘ anzusehen“, schreibt Randall Haas von der University of California in Davis in einer Studie, die jetzt im Fachmagazin „Science Advances“ veröffentlicht worden ist.

Frauen und Männer gingen gemeinsam jagen

Auch in der archäologischen Forschung ging man daher bislang davon aus, dass das weibliche Geschlecht in Steinzeitkulturen wegen der Schwangerschaft und Kinderversorgung im Lager bleiben musste. Doch so plausibel diese These auch klingt – sie ist falsch, wie Haas und sein Team herausgefunden haben.

Auf einer Hochebene im Süden Perus entdeckten die Wissenschaftler neben unzähligen Steinwerkzeugen und Tierknochen auch rund 9000 Jahre alte Gräber. Zwei der Toten – ein Mann und eine Frau – waren zusammen mit Werkzeugen und Waffen bestattet worden, die Jägern mit ins Grab gegeben wurden. Das heißt: In dieser Gruppe gingen offenbar auch Frauen auf die Jagd.

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Anschließend durchforsteten die Forscher die Daten zu 429 steinzeitlichen Toten aus 107 Fundorten in Nord- und Südamerika. Das Ergebnis: Von 27 Individuen, die als Jäger zu erkennen waren, waren elf weiblich und 16 männlich.

„Die frühe Jagd war nahezu genderneutral“

Randall Haas zufolge belegt diese Stichproben, dass die These vom Mann als alleinigem steinzeitlichen Jäger nicht mehr zu halten ist. „Der Frauenanteil bei den Großwildjägern war damals keineswegs vernachlässigbar.“ Im nacheiszeitlichen Nord- und Südamerika könnten zwischen 30 und 50 Prozent der Jäger weiblich gewesen sein. „Das spricht dafür, dass die frühe Jagd nahezu genderneutral war.“

„Die archäologischen Funde widerlegen die lange gehegte Vorstellung vom Mann als Jäger“, betont der Archäologe. „. Es scheint nun klar, dass die Arbeitsteilung der Geschlechter bei unseren Jäger-und-Sammler-Vorfahren fundamental anders – und wahrscheinlich gleichberechtigter – war als heute.“

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