Inge Bernt aus Rutesheim zählt im Strudelbachtal Salamander. Während die Laichwanderungen der Amphibien beginnen und Straßen gesperrt werden, sucht sie Mitstreiter. Doch nicht jedem Lurch kann sie helfen.

Zwischen dem 1. März und dem 31. Mai geht Inge Bernt (59) in der Abenddämmerung einer außergewöhnlichen Freizeitbeschäftigung nach – sofern es regnet. Dann zählt die Sprachlehrerin aus Rutesheim an der in diesem Zeitraum gesperrten Kreisstraße  1688 gemeinsam mit einer Handvoll Mitstreiter Salamander. Rund 300 dieser Amphibien entdecken Inge Bernt und ihre Mitstreiter üblicherweise während der dreimonatigen Periode. Die Zahl teilen sie anschließend dem Landkreis Böblingen mit, um damit die Straßensperrung auf der Strecke zwischen Weissach und Eberdingen für das Folgejahr zu legitimieren.

 

Das Salamanderzählen gehört nicht zu den gemütlichsten aller Freizeitaktivitäten: „Manchmal regnet es hinten am Nacken rein“, erzählt Inge Bernt. Doch die Salamander-Weibchen, die bei Regen die Kreisstraße im Strudelbachtal überqueren, um am Bach ihre Larven abzulegen, sind ihr allen Unbill wert.

Außerdem lassen es Inge Bernt und ihre Mitstreiter bei ihren Einsätzen in der Dämmerung nicht mit dem Zählen von Salamandern bewenden, sondern bringen auch andere Kleintiere von der Straße in Sicherheit: „Wir sammeln alle Tiere auf, zum Beispiel Regenwürmer und Weinbergschnecken“, erzählt Inge Bernt. Und natürlich die Salamanderlarven, die auf der Straße liegen, wenn ein Muttertier überfahren wurde und „aufgeplatzt“ ist, wie Inge Bernt sagt. In einem Tupperschälchen mit ein bisschen Wasser trägt sie die Larven dann zum Bach.

Kindergeburtstage als Ausrede

Dass überhaupt Salamander auf einem drei Kilometer langen gesperrten Straßenabschnitt überfahren werden, liegt daran, dass manche Autofahrer die Sperrung ignorieren: Inge Bernt und ihre Mitstreiter hören sich dann ihre Ausreden an: Kindergeburtstage und Gassigeh-Pflichten mit dem Hund stünden hoch im Kurs, sagt sie. Sie versuche dann die Autofahrer zu überzeugen, und sie zeigt sie an. Für die ehrenamtliche Naturschutzwartin des Landkreises Böblingen ist der Salamander „ein ganz besonderes Tier“. Sie sagt auch: „Für viele ist er ein mystisches Tier zwischen Leben und Tod. Wenn man einen Salamander betrachte, habe man das Gefühl, er grinse einen an.

Seit 2016 zählt Inge Bernt Salamander. Sie schätzt, dass etwa 2000 der Tiere rund um die Kreisstraße 1688 leben, die auf Höhe des Strudelbachtals den März über von 18 Uhr bis 6 Uhr morgens gesperrt ist und vom 1. April bis zum 31. Mai von 20 Uhr bis 6 Uhr. Jetzt sucht Inge Bernt weitere Mitstreiter in Sachen Salamander, insbesondere für das Gartenhausgebiet Mühlberg in Weissach. Interessenten können sich unter der Telefonnummer 01 70 / 2 46 73 51 bei ihr melden.

Geschwindigkeitsbeschränkungen wegen der Lurche

Der Landkreis Böblingen sorgt sich unterdessen um weitere Amphibien: „Sobald die Nächte wärmer werden, beginnen die Laichwanderungen von Kröten, Fröschen und Molchen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Und weiter: „Bei dieser ,Hochzeitsreise’ droht vielen Tieren jedoch leider der Tod. Denn es gilt, Straßen zu überqueren; und dort kann die Krötenwanderung auch für Auto- oder Zweiradfahrer zur Gefahr werden, wenn die Oberfläche durch überfahrene Kröten gefährlich rutschig wird.“

Mancherorts werden deshalb Straßen gesperrt, andernorts gelten der Lurche wegen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 30, 50 oder 70 Stundenkilometer etwa auf Streckenabschnitten von Weil der Stadt nach Merklingen oder Schafhausen oder zwischen Rutesheim und Renningen oder Flacht.