Alexander und Sebastian Schwarz sind nicht nur hinterm DJ-Pult ein perfekt eingespieltes Duo: Die Brüder haben im Leben viel geteilt, haben in Stuttgart viel bewirkt und schließlich in Berlin ein zweites Zuhause gefunden. 

Stuttgart – Ein Herz und zwei Seelen – soweit mal die Kurzfassung für das berufliche und private Wirken von Tiefschwarz. Wir sind hier aber nicht bei Twitter, daher alles hübsch in Ruhe: Die DJ-Gebrüder Alexander „Ali“ und Sebastian „Basti“ Schwarz stehen seit mehr als zwanzig Jahren gemeinsam an den Turntables und im Studio, bringen ihren tiefschwarzen House- und Techno-Sound um die ganze Welt. Ali, der ältere der beiden, eröffnete 1990 den Club ON-U in Stuttgart, der vom Spex damals mal so eben als bester Club Deutschlands geehrt wurde, danach folgte der Climax-Vorgänger Red Dog. Immer mit dabei: Bruder Basti, der anfangs noch live trommelte, während sein Bruder auflegte.

 

Stuttgart haben sie mittlerweile verlassen und sich in Berlin niedergelassen. Körperlich zumindest, wie Ali bekennt: „Stuttgart ist und bleibt unsere Heimat, die all das begründet hat, was wir uns jetzt aufgebaut haben.“ Und das ist eine ganze Menge, wie wir beim Stadtkind gemerkt haben, als wir die beiden für unsere Geschwisterserie gemeinsam ans Telefon, an die Tastatur oder unseretwegen auch in ein Café bekommen wollten: Die brüderlichen Terminkalender sind knallvoll, alle Wochenenden verplant. Weil wir aber nicht locker gelassen haben und weil ja irgendwie jeder gern hin und wieder in Nostalgie schwelgt, haben wir es irgendwann doch geschafft – und spannende Einblicke in eine ganz besondere Geschwisterbeziehung erhalten.

Unzertrennlich

Die gemeinsame Kindheit verlief eh sehr harmonisch, wenn man ihm so zuhört: „Klingt kitschig, aber: Wir sind voller Liebe und Entfaltungsvermögen ausgewachsen. Sehr spielerisch, kreativ, vergnügt und frei.“ Lag natürlich auch an den Eltern, die man aus heutiger Sicht durchaus als alternativ bezeichnen darf. Ali nickt. „Unsere Eltern haben damals zusammen mit Freunden und Sozialarbeitern den ersten alternativen Kindergarten Stuttgarts in Feuerbach eröffnet. Alles, was da stattgefunden hat, war stets sehr kreativ.“ Ob da schon die Weichen für die gemeinsame Zukunft gestellt wurden?

Startschwierigkeiten

Jeder kennt das: In der Pubertät ändert sich alles. „Zu dieser Zeit gerieten wir uns ziemlich oft in die Haare“, erinnert sich Ali. "Nachdem er aus Hamburg zurückkam, haben wir uns aber sehr schnell wiedergefunden.“ In Hamburg hatte Basti eine professionelle Schlagzeugschule besucht, während Ali die Schule abbrach, um einen künstlerischen Pfad einzuschlagen. „Wir legten beide eine, sagen wir, schillernde Schulkarriere hin“, lacht Ali. „Uns war alles wichtiger als Schule. Ich verließ das Gymnasium und ging für ein Jahr auf eine Kunstschule, die auf die Kunstakademie Stuttgart vorbereitete. Danach studierte ich auch dort.“ Nachdem Ali 1990 den Club ON-U eröffnete, ging alles ganz schnell. „Ehrensache, dass auch Basti sofort dort arbeitete und irgendwann mit mir auflegte."

Die Nightlife-Legende

Die ganze Zeit über waren sich die beiden der Unterstützung ihrer Eltern bewusst. Die ging laut den beiden weit über ein „Schon ganz okay, was ihr macht“ hinaus. „Als ich meinen Club eröffnete, waren unsere Eltern unsere größten Supporter. Insbesondere unser Vater hat etliche Nächte bei uns im Club verbracht, stand am Einlass und war so etwas wie die gute Seele des Ladens. Er war stadtbekannt und innerhalb der Szene durchaus so etwas wie eine Legende.“ Familienbusiness eben, da weiß man, was man hat. Gilt natürlich auch für Tiefschwarz, die aus der Rolle der Brüder als Resident-DJs im Red Dog hervorgingen. „Das Beste ist unsere Nähe zueinander im Studio: Sobald wir uns einig sind, bauen wir eine sehr produktive Kraft und Dynamik auf. Es wäre aber gelogen, wenn wir behaupten würden, dass immer alles rundläuft. Natürlich sind wir auch mal unterschiedlicher Meinung, lösen diese Probleme aber immer konstruktiv."

Neue Heimat

Anfangs noch bei Four Music unter Vertrag, zog es Tiefschwarz Anfang des neuen Jahrtausends gemeinsam mit dem Fanta-4-Label in die Hauptstadt. „Wir haben aus dem Untergrund heraus sehr viel in Stuttgart bewegt, haben unzählige Events auf die Beine gestellt und die Subkultur durchaus angetrieben. Als die ersten Bookings außerhalb Stuttgarts oder sogar außerhalb Deutschlands reinflatterten“, so Ali, „merkten wir aber schnell, dass anderswo sogar noch mehr geht.“ Natürlich sind sie bis heute gern und regelmäßig im Kessel zu Gast, besuchen mindestens zweimal jährlich die vielen Freunde, die sie hier noch haben – oder legen natürlich hin und wieder auch in ihrer Mutterstadt auf. Privat sind sie aber durchaus in verschiedenen Kreisen unterwegs, betonen sie: „Wir haben unbewusst eine ziemlich klare Trennlinie geschaffen. Bis auf einige gemeinsame Freunde hat jeder seinen privaten Bereich. Bei der Intensität unseres Jobs können wir einfach nicht alles teilen – zumal wir doch auch sehr unterschiedliche Menschen sind.“ Wir sagten es schon: Ein Herz und zwei Seelen.

Tiefschwarz-Rodeo

Eine besonders schöne Geschwister-Anekdote trug sich vor ein paar Jahren zu. „Meinen vierzigsten Geburtstag habe ich vor Berlin auf einem wunderschönen Bauernhof gefeiert. Basti kam da gerade aus einer Ayurveda-Kur, strotzte vor Kraft und hat vor lauter Elan und Glückseligkeit den Bullen auf dieser Farm gegeben. Er hat ein geniales Rodeo veranstaltet und alle Gäste auf sich reiten lassen.“ Äh, den Bullen? Ali lacht und klärt auf: „Das hat unser Papa mit Leidenschaft früher im Kindergarten für uns und unsere Freunde gemacht.“

Das sagt Ali über Basti:

„Basti ist ein Mensch mit einem gigantisch großen Herzen, der ganz viel aus dem Bauch heraus entscheidet. Manchmal möchte er die ganze Welt umarmen, manchmal fällt er in eine große Ablehnung. Wer meinen Bruder hat, hat ihn fürs Leben, wenn man es sich mit ihm verkackt, fliegt man sofort aus seinem Handy. (lacht) Außerdem hat er einen irren Humor - ein echter Pfundskerl eben.“

Das sagt Basti über Ali:

„Mein Bruder ist eine starke Persönlichkeit und ein Visionär. Teilweise sehr detailverliebt, aber das kann bei Produktionen das Zünglein an der Waage sein. Ali hat ein ganz großes Herz, ist ein toller Bruder und ein Riesenfreund, er ist gesellig und man kann eine Menge Spaß mit ihm haben. Schön, dass es dich gibt, Ali!“

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