Das neue Anlegerschutzgesetz soll Skandale wie bei der Insolvenz der Windkraftfirma Prokon verhindern. Anwälte und Verbraucherschützer halten die Regelungen für ungenügend. Sie fordern eine Deckelung von Provisionen und eine schärfere Kontrolle freier Vermittler.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Angesichts der hohen Abschluss- und Verwaltungsgebühren für einige Finanzprodukte fordern Verbraucherschützer einen Kostendeckel. „Wenn Produkte exorbitant mit Kosten belastet sind, so dass das über die Rendite kaum noch aufzuholen ist, funktionieren sie einfach nicht. Um hier Kostendeckel festzulegen, müsste der Gesetzgeber ran“, sagte Dorothea Mohn, Finanzexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen der Stuttgarter Zeitung. Ähnlich äußerte sich der Anwalt Wolf von Buttlar, dessen Stuttgarter Kanzlei auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert ist: „Die Finanzaufsicht Bafin müsste die Renditeversprechen der Anbieter prüfen“, sagte er. In vielen Fällen seien diese angesichts der hohen Verwaltungskosten unrealistisch.

 

Aktuell ist die Bafin weder befugt noch personell dafür aufgestellt, derartige Prüfungen vorzunehmen. Daran ändert auch das neue Kleinanlegerschutzgesetz nichts, das am heutigen Freitag in Kraft tritt. Zwar wird darin der Prüfauftrag der Bonner Behörde bei der Genehmigung von Prospekten für Vermögensanlagen erweitert: Sie soll darauf achten, dass die Fähigkeit eines Anbieters, „seinen Verpflichtungen gegenüber dem Anleger nachzukommen, im Verkaufsprospekt widerspruchsfrei dargestellt“ wird. Eine umfassende inhaltliche Prüfung ist aber nicht vorgesehen.

Unklar ist außerdem, ob die Bafin für die Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben zusätzliches Personal bekommt. „Wir setzen uns derzeit intensiv mit den Herausforderungen auseinander, die die neuen Aufgaben in personeller und organisatorischer Hinsicht mit sich bringen“, heißt es dazu vage aus der Bonner Behörde.

Dabei steigen mit dem Gesetz nicht nur die Ansprüche an die Prüfer, sondern auch die Zahl der Genehmigungsverfahren: Nach dem Kleinanlegerschutzgesetz müssen nämlich Prospekte künftig auch für Vermögensanlagen erstellt werden, die bisher von dieser Pflicht befreit waren. Das betrifft vor allem partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen.

Zehntausende freie Vermittler unterliegen nicht der Aufsicht

Die Ausweitung der Prospektpflicht ist nach Ansicht von Verbraucherschützerin Mohn ein Fortschritt: „Das ist eine gute Markteingangsbarriere. Es wird Anbieter geben, die eine plausible Schilderung ihrer Projekte und der damit verbundenen Risiken nicht hinbekommen – in dem Fall kann die Bafin dem Prospekt die Zulassung verweigern.“ Obendrein müssen die Prospekte nach den neuen Regeln alle zwölf Monate aktualisiert werden. Damit könne die Aufsicht Anbieter zwingen, überholte Aussagen zu ihrer Geschäftslage zu korrigieren, betonte Bafin-Chef Felix Hufeld kürzlich in einem Pressegespräch.

Rechtsanwalt von Buttlar hätte sich gleichwohl mehr gewünscht: „Man hätte alle Finanzanlagenvermittler der Aufsicht der Bafin unterstellen sollen.“ Gegenwärtig überwacht die Behörde zwar die Berater bei Kreditinstituten und anderen großen Finanzdienstleistern, die über eine Banklizenz verfügen, daneben gibt es aber Zehntausende freie Vermittler, die der Aufsicht der Gewerbeämter und Industrie- und Handelskammern unterliegen.

Eine Banklizenz ist mit hohem Aufwand und Kosten verbunden, die die meisten freien Vermittler wohl überfordern würden. Verbraucherschützerin Mohn plädiert deshalb für ein vereinfachtes Zulassungsverfahren, das eine Bafin-Lizenz allein für die Vermittlungstätigkeit zum Ziel hätte. Die Bundesregierung griff entsprechende Vorschläge bei der Abfassung des Kleinanlegerschutzgesetzes aber nicht auf. Sie begründet dies damit, dass die Zulassungsverfahren für Finanzanlagenvermittler durch die Gewerbeämter erst 2013 geändert wurden. Man wolle zunächst beobachten, wie sich diese Reform auswirke, heißt es aus dem Bundesjustizministerium.