Die Stadt lagert Erdaushub auf dem einzigen öffentlichen Parkplatz vor der Wohnstadt. Das hat teils drastische Folgen für Bewohner und Besucher.

Eine Baustelle in Sillenbuch macht derzeit der Asemwald-Siedlung zu schaffen. Das klingt zunächst verwirrend, liegt doch die Wohnstadt gut drei Kilometer von Sillenbuch entfernt. Doch seit das Tiefbauamt auf die Idee kam, das Aushubmaterial der Baustelle ausgerechnet auf einem öffentlichen Parkplatz direkt vor den Wohnblocks zwischenzulagern, fehlen der Siedlung dringend benötigte Ausweichstellplätze. Das hat nun gravierende Folgen.

 

Was ist passiert? Seit Anfang September führt das Tiefbauamt Kanalarbeiten in der Eichenparkstraße im Sillenbucher Stadtteil Riedenberg durch. Ein Teil des Erdaushubs wird auf dem öffentlichen Parkplatz entlang der Ohnholdstraße gelagert, teilt die Stadt mit. Der Parkplatz am Waldrand liegt vis-à-vis der Wohnstadt Asemwald. Auf die 190 Meter lange Fläche passen für gewöhnlich 70 Pkw. Aktuell sind es nur noch etwa zehn.

Der Verwaltungsbeirat spricht von Gedankenlosigkeit

Vertreter des Verwaltungsbeirats der Siedlung sind deshalb im Plieninger Bezirksbeirat vorstellig geworden. Der Grund: Ohne den Parkstreifen an der Ohnholdstraße verschärfe sich in der Wohnstadt die ohnehin angespannte Stellplatzsituation. Die Entscheidung der Stadt, den Aushub ausgerechnet vor der Siedlung mit ihren mehr als 1500 Einwohnern zu lagern, zeuge von Gedankenlosigkeit, kritisiert der Verwaltungsbeirat.

Der Knackpunkt: Außerhalb des eigentlichen Siedlungsgrundstücks gibt es am isoliert liegenden Asemwald mit Ausnahme des betreffenden Parkplatzes an der Ohnholdstraße keine weiteren Stellflächen. Das Problem ist zwar hausgemacht, war aber schwerlich Ende der 1960er-Jahre beim Bau der Siedlung abzusehen: Als die Hochhäuser geplant wurden, kannte niemand den Bedarf vor allem an Kurzzeitparkplätzen im Jahr 2022. So betont der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats, Stephan Schreiner, dass zum Beispiel aufgrund der heutigen Altersstruktur der Bewohner täglich „eine Armada an Pflegediensten“ die Siedlung anfahre. Hinzu kämen Paketlieferverkehr sowie Handwerkerfahrzeuge – letzteres sei auch dem Alter der Wohnanlage geschuldet. „Und schließlich wollen die Leute auch noch besucht werden“, sagt Schreiner. Im Asemwald ist jeder der rund 1140 privaten Wohnungen genau ein Stellplatz zugeordnet, die meisten davon in Tiefgaragen. Darüber hinaus gibt es in der Siedlung 175 freie Parkplätze, wovon 39 dem Ladenzentrum und fünf der Kirchengemeinde zuzurechnen seien.

Im Bella Vista Sky Restaurant im 20. Stockwerk eines der Hochhäuser haben fehlende Parkplätze an der Ohnholdstraße bereits dazu geführt, dass Gäste ihre Reservierungen storniert haben: „Wir bekommen dann aus dem Auto heraus einen Anruf, dass man keinen Stellplatz finde und deshalb wieder gehe“, erzählt Bella Vista-Mitgeschäftsführer Roman Maier.

Jede Wohnung hat genau einen Stellplatz

Auch die externen Besucher des Hallenbads, erklärt Schreiner, hätten nun größere Schwierigkeiten, einen Parkplatz zu finden. Unter anderem werde das Bad demnächst von einer Schwimmschule genutzt. Verwaltungsbeiratsmitglied Christoph Rist erinnerte vor dem Bezirksgremium daran, dass die Fußgängerbrücke über die Ohnholdstraße ursprünglich errichtet worden war, um sowohl die Bushaltestelle als auch den öffentlichen Parkplatz zu erreichen.

Es habe keine Alternative gegeben, sagt die Stadt

Wie die Stadt auf Anfrage erklärt, werde die Baumaßnahme in Sillenbuch noch bis März andauern. Um möglichst viele öffentliche Stellplätze während der Bauzeit zu erhalten, sei die Baufirma vom Tiefbauamt dazu angehalten worden, die Zwischenlagerflächen möglichst klein zu halten, betont eine Sprecherin. Dies werde überwacht. „Eine andere geeignete Alternativfläche für die Zwischenlagerung gab es leider nicht“, lässt die Stadt wissen. Tatsächlich sind etwa 170 Meter des rund 190 Meter langen Parkplatz derzeit gesperrt. „Die Verwaltung des Asemwalds wurde über die Maßnahme vorab nicht informiert“, sagt Schreiner. Dabei würden gerade jetzt im Dezember und vor Weihnachten die Stellplatze dringend benötigt.

Fakten rund um die Wohnstadt

Eigentümergemeinschaft
Die Wohnstadt Asemwald gehört zu den größten Eigentümergemeinschaften Deutschlands. Sie umfasst drei fast 70 Meter hohe Gebäude mit bis zu 23 Stockwerken zuzüglich Erdgeschoss und zwei Untergeschossen. In den Häusern gibt es 1137 Eigentumswohnungen – und jeder ist genau ein Tiefgaragenstellplatz zugeordnet.

Altersstruktur
Zum Asemwald gehören ein Waldstück, ein Restaurant, ein Schwimmbad mit Sauna und mehrere Tennisplätze. In den ersten Jahren war der Asemwald der Stuttgarter Stadtteil mit dem niedrigstem Altersdurchschnitt, weil viele junge Familien dorthin zogen. Mittlerweile hat sich das geändert, weil immer noch viele der „Erstbewohner“ dort leben. atz