Ute Frölich und Christel Modler leiden seit Jahren an Fibromyalgie. Sie geben anderen Betroffenen Tipps in einer Selbsthilfegruppe in Bad Cannstatt.

Bei Christel Modler hat es mit den Schmerzen im Jahr 2013 begonnen. Ein Hausarzt habe die Krankheit gleich erkannt und nach einigen Untersuchungen hatte sie ein halbes Jahr später die Diagnose – Fibromyalgie. Dabei handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die sich durch Schmerzen in verschiedenen Körperregionen äußert. Bei Modler begann es mit Schmerzen in den Händen und den Füßen. „Sie fühlten sich an wie geschwollen“, erzählt sie. Die Knöchel taten weh und die Fußsohlen. „Ich konnte nicht mehr laufen.“ Im Moment hat sie Schulter- und Rückenprobleme. Auch Erschöpfung und Wortfindungsstörungen gehören zu der Krankheit. Bis Ende 2018 war Modler im Bürobereich tätig. „Ich hatte sogar mit dem Anlehnen an meinen Schreibtischstuhl ein Problem“, sagt sie. Der Rheumatologe schließlich hat ihr die Fibromyalgie bescheinigt, ihr aber gleich sagt: „Behandeln tut sie der Hausarzt.“

 

Den Kopf in den Sand zu stecken kam für die 67-Jährige aus Korntal trotz ihrer starken Schmerzen nicht in Frage. Vor fünf Jahren begann sie, sich als Mitglied im Verband der Selbsthilfegruppe Fibromyalgie Baden-Württemberg zu engagieren. Zusammen mit ihrer Leidensgenossin Ute Frölich hat Christel Modler im Jahr 2021 eine Fibromyalgie- Selbsthilfegruppe in Bad Cannstatt gegründet, in der sich alle gleichberechtigt mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen einbringen dürfen. Die Gruppe mit derzeit bis zu 21 Teilnehmern, wird finanziell von der Krankenkasse gefördert. Am Montag, 25. Juli, veranstaltet die Gruppe einen Info- und Gesprächsabend im Gemeindezentrum der evangelischen Steiggemeinde.

Wärme und Entspannung hilft

Wenn es wieder schlimm wird, helfen Christel Modler Wärme, Thermalwasser, Yoga, Entspannung und Laufen gegen die Schmerzen. „Dann wird es besser“, sagt sie. Man könne damit leben, aber es sei nicht angenehm. Schmerztabletten würden nicht wirklich helfen. Nimmt sie auch nicht. Nicht schön sei, dass man vieles nicht mehr machen könne, erklärt sie mit Wehmut.

Ute Frölich, die aus Bad Cannstatt stammt und im Landesverband Beisitzern ist, sagt, es gebe Betroffene, die würden mit der Krankheit depressiv, auch junge Leute. Modler ergänzt: „Man muss sich arrangieren. Wandern geht jetzt eben nicht mehr sechs Stunden, nur noch die Hälfte der Zeit mit entsprechenden Pausen dazwischen.“

Die 65-jährige Ute Frölich hat ebenfalls im Büro gearbeitet. Festgestellt wurde die Krankheit bei ihr im Jahr 2012. Doch rückblickend glaubt sie, dass sie damals schon mehrere Jahrzehnte daran gelitten hat. „Ich konnte mich nicht ins Auto setzen, musste meinen Fuß reinheben.“ Dann sei sie zum Röntgen und zum Rheumatologen gegangen. Der habe die Schmerzpunkte abgetastet, die es bei Fibromyalgie gebe und die Krankheit festgestellt. Die abgetasteten Stellen hätten ihr noch Minuten nach der Untersuchung weh getan.

„Ich hatte das Gefühl, ich habe Elefantenfüße“

Mit den Schmerzen kamen dann auch Schlafstörungen. Vor allem ihre Beine sind bis heute ein Problem: „Ich hatte das Gefühl, ich habe Elefantenfüße.“ Sie habe sich nach dem Sitzen zum Aufstehen nicht mehr aufrichten können, sei lärmempfindlich geworden. „Man ist hypersensibel.“ Es habe Zeiten gegeben, da habe ihr sogar die Kleidung auf der Haut weh getan.

Zunächst sei sie in die Selbsthilfegruppe KISS gegangen. Ein Arzt habe sie in eine Rheumatologische Klinik eingewiesen. Dort habe sie viele gute Tipps erhalten. Geholfen habe ihr Bewegung, Entspannung und morgens nicht im Kopf eine lange Erledigungsliste zu machen. Sie stellt heute fest: „Wenn ich meinen Hasenstall gesäubert habe, konnte ich das Haus nicht mehr putzen.“ So rät sie Betroffenen, sich nur eine Sache vorzunehmen, sich nicht zu übernehmen.

Die Schmerzen sind täglich woanders

Beide berichten, dass der Vorteil der Krankheit sei, dass die Schmerzen jeden Tag anders gelagert seien. Ein paar Punkte blieben. Frölich muss seit rund fünf Jahren auch ein Asthmaspray nehmen. „Ich weiß nicht, ob es mit der Fibromyalgie zu tun hat.“ Um diese rätselhafte Krankheit zu diagnostizieren, seien Blutuntersuchungen, Röntgen- oder MRT-Aufnahmen notwendig, meist auch Besuche beim Neurologen und Rheumatologen. Auch Schmerztherapeuten können helfen, die Symptome zu lindern. Frölich erklärt, Entzündungswerte gebe es bei Fibromyalgie nicht und die Schmerzen könne man nicht messen. Und Modler ergänzt: Die Ärzte würden es gerne in die psychische Ecke schieben. Das treffe aber so nicht komplett zu.

Frölich beschreibt die Erschöpfung, die die Patienten oft spüren. „Wir schauen, dass es allen anderen gut geht, wir müssen aber lernen, egoistischer zu werden. „Sich selber aus dem Stress rausnehmen“, gibt Modler den Verhaltenstipp. Man dürfe kein schlechtes Gewissen haben, wenn man für andere mal etwas nicht mache. Hier gelte es, die Einstellung zu ändern.

Frölich hat gute Erfahrungen bei der Krankheit mit Aufenthalten von bis zu drei Minuten in der Kältekammer gemacht. Das half ihr gegen stechende Schmerzen in den Gelenken. Ihr geht es im Moment relativ gut, sagt sie. Modler hat gerade mit einem Hörsturz zu kämpfen. Doch beide engagieren sich gerne in der Selbsthilfegruppe und freuen sich auf weitere Teilnehmer.

Ein Info- und Gesprächsabend ist am Montag, 25. Juli von 18 bis 20 Uhr im Gemeindezentrum der evangelischen Steiggemeinde geplant, Auf der Steig 21-25. Um Anmeldung wird gebeten bis zum 10. Juli bei Ute Frölich, Telefon 544940 oder bei Christel Modler, Telefon 879459 oder per E-Mail an fibro-cannstatt@t-online.de.