Lokales: Christine Bilger (ceb)

In einem Punkt sind sich die Stuttgarter Beamten einig: das Thema Stuttgart 21, das in den zurückliegenden Jahren vor allem die Reviere in der Innenstadt beschäftigt hat, ist nicht schuld daran, dass das Verhältnis zwischen Bürgern und Ordnungshütern sich verändert hat. Zwar sind der Ärger und die Wut der Stuttgarter, nicht nur in den Reihen der Tiefbahnhofgegner, über den brutalen Einsatz der Kräfte am 30. September 2010 noch nicht völlig verflogen. Die Bewegung unterstellte der Polizei, an diesem „schwarzen Donnerstag“ der verlängerte Arm der Politik im System des CDU-Ministerpräsidenten Stefan Mappus gewesen zu sein. Dennoch sei das Vertrauen der Bürger in die Polizei „im Großen und Ganzen wieder in Ordnung“. Und weiterhin gilt der „Aktionskonsens“ der Gegner, der vor den Sitzblockaden und anderen Aktionen gegen das umstrittene Milliardenprojekt kundgetan wurde und in dem es unter anderem ganz klar heißt: „Die Polizei ist nicht unser Gegner.“

 

Nun ist es aber nicht so, dass man die Ursachen nur im Wandel der Gesellschaft suchen und mit der Verschiebung von Werten erklären darf. Auch eigene Fehler tragen dazu bei, das Ansehen der Ordnungshüter zu mindern. Seit Wochen dominiert der Fall einer jungen Münchnerin, die im Polizeigewahrsam von einem Beamten brutal geschlagen wurde, die Diskussion über dieses Problem. Das Bild der Frau mit dem zugeschwollenen Gesicht ist zu einem Sinnbild fehlgeleiteter Ausübung der Staatsgewalt geworden und wird in seiner mahnenden und anklagenden Wirkung nur noch vom Foto des in Stuttgart am „schwarzen Donnerstag“ verletzten Stuttgart-21-Gegners Dietrich Wagner übertroffen. Das Bild des Rentners, dem Blut aus den Augenhöhlen rann, nachdem ihn der Strahl des Wasserwerfers getroffen hatte, ging um die Welt. Ein aus dem Ruder gelaufener Einsatz in Stuttgart, das Vorgehen der Münchner Beamten – so etwas prägt sich ein.

Transparenz und Kommunikation

„Die Polizei ist eine lernende Organisation“, hat der Stuttgarter Polizeipräsident Thomas Züfle gesagt, als er nach seinem Amtsantritt im Juni 2011 erklärte, welche Lehren er aus den am 30. September begangenen Fehlern ziehe. Transparenz und Kommunikation, die Wörter kommen seither häufiger denn je vor, wenn die Stuttgarter Polizei ihr Vorgehen in Krisensituationen erläutert. Die Stuttgarter sind aus der Vertrauenskrise nach dem „schwarzen Donnerstag“ in die Informationsoffensive gegangen. Sie kündigten Großeinsätze im Vorfeld an und verstärkten vor allem die Zahl der Antikonfliktteams, die mit Demonstranten und Blockierern reden. Neue Wege der Kommunikation schlug das Stuttgarter Präsidium mit Facebook und Twitter ein, um die Menschen auf dem Weg zu erreichen, auf dem diese selbst kommunizieren, und auch um reagieren zu können, wenn sich Falschmeldungen in den Netzwerken ausbreiten.